Cammino di San Jacopo 2025 von Florenz bis Livorno
- erwandert
- 28. Juni
- 7 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 29. Juni

Zum Cammino di San Jacopo
Die Geschichte, als ich über diesen Weg zum ersten Mal hörte, ist typisch dafür wie während einer Wanderung schon neue Projektideen entstehen.
2024 – auf meiner Wanderung von Tallinn nach Rom übernachtete ich in Cutigliano bei Nedo Ferrari. Nedo Ferrari ist der Herausgeber eines Wanderführers, der den Cammino di San Jacopo in Toscana beschreibt. Er ist nicht nur der Herausgeber, sondern hat gemeinsam mit der "Confranternitá die San Jacopo di Compostela" den Weg auch geplant und festgelgt.
Historisch gesehen verläuft er vorwiegend entlang der Via Cassia, einer alten römischen Straße. Diese ist aber schon großteils von anderen Straßen und Bauwerken verdrängt worden, und so galt es zum Einen den Verlauf zu rekonstruieren und zum Anderen begehbare Alternativen in der unmittelbaren Nähe zu finden.
Italienische Pilger, die es sich leisten konnten, gingen im Mittelalter nach Livorno, um von dort ein Schiff nach Barcelona zu besteigen. Die Ärmeren mussten zu Fuß den längeren Landweg nach Santiago de Compostela einschlagen.
Heute ist der Weg aus mehreren Gründen interessant:
Er bietet einem die Möglichkeit, kulturelle und geschichtliche Stätten, die in diesem Landstrich in unmittelbarer Nähe zueinander liegen, zu verbinden. Alleine die Liste der Etappenziele lässt jedem Toskana Liebhaber, Historiker und Kunstgeschichtler aufhorchen: Florenz, Prato, Pistoia, Pescia, Lucca, Pisa und Livorno. Außerdem durchwandert man viele kleine historische Dörfer, unter anderem Collodi – der Geburtsort des Pinocchio-Schöpfers Carlo Collodi – und geht durch landschaftliche schöne Gegenden des Apenin.
Die Confraternitá hat sehr viel Erfahrung, was die Nöte und Bedürfnisse eines Pilgers betreffen und so gibt es Stand Mai 2025 auf der Strecke 18 Herbergen auf Spendenbasis, unzählige Stempelstellen und jede Menge Restaurants mit Ermäßigungen für Pilger.
Man sollte sich allerdings bewusst sein, dass dieser Weg durch eine sehr dicht besiedelte Region Italiens geht. Somit ist sie sehr urban und der Asphaltanteil sehr hoch. Wer also Ruhe und Natur sucht, sollte nach einem anderen Weg suchen.
Nützlicher Link:
Donnerstag, der 8. Mai / Florenz
Wir fahren mit dem Nachtzug von Wien nach Florenz und schlafen in den Mini Cabins. Wir steigen in Florenz um 7:00 Uhr, am falschen Bahnhof aus, aber egal – wir können sowieso erst um 9:00 Uhr in unsere Unterkunft. Wir gehen also gemütlich quer durch die Stadt, trinken einen Kaffee und beziehen dann unser schönes Zimmer im Dominikanerinnenkloster.
Da wir schon mal den ganzen Tag zur Verfügung haben, besichtigen wir die Stadt. Wir sparen uns aber die langen Schlangen an den Kassen und besichtigen nur was man von außen ansehen kann. Nach einer Mittagsrast machen wir uns noch einmal auf den Weg. Dieses Mal auf die Südseite des Tibers zum Palazzo Pitti und dann zum Giardino delle Rose. Es ist 18:13 Uhr, als wir einen Aussichtspunkt im Rosengarten erreichen und alle Glocken der Stadt zum Läuten beginnen. Es wurde gerade verkündet, dass die katholische Kirche ein neues Oberhaupt hat.
Auf dem Heimweg gehen wir nochmals ins Zentrum, um was zu Essen bevor wir zurück in die Unterkunft gehen.
Unterkunft: Foresteria Suore Domenicane
Freitag, der 9. Mai / Florenz – Prato 31,75 km
735 m Anstieg, 714 m Abstieg
Da wir täglich in größeren Städten übernachten, liegt es in der Natur der Sache, dass wir viel auf Asphalt und entlang an verkehrsreichen Straßen gehen müssen. Allerdings bemüht sich die Wegführung sehr die weniger befahrenen Straßen zu nutzen. Der Weg führt nördlich der Florentiner Vororte und den Apennin Ausläufern entlang.
Nach drei Stunden machen wir Pause bei einer Kirche und treffen auf einen Pensionist aus der Toskana, der uns erzählt, er habe während Covid mit dem Wandern begonnen – jetzt ist er sogar in einer Wandergruppe. Da er in der Nähe wohnt, nutzt er die öffentlichen Verkehrsmitteln und geht diesen Weg in Abschnitten. Es erstaunt mich immer, wie schnell ich hier in Italien ins Gespräch komme. Wobei es oft weniger ein Gespräch ist, sondern mehr ein Monolag von mir unbekannte Menschen, die mir einfach viel über sich erzähen.
Später am Weg biete ich einer älteren Frau noch an, ihr beim Schleppen von schweren Grünzeug Säcken zu helfen. In den nächsten 30 Minuten erfahre ich alles über die Schwierigkeit, ein Haus ab einem bestimmten Alter zu erhalten, über die letzte Überschwemmung in der Gegend und über den Nachbarn, der die Grundstücksmauer offenbar beschädigt hat. Irgendwann schaffen wir es uns loszureißen und gehen weiter nach Prato.
Ziemlich erledigt kommen wir im Zentrum an – blöd nur, dass unsere Unterkunft noch einige Kilometer außerhalb liegt.
In der Herberge der Pfarrei San Bartolomeo treffen wir auf Pilger, die in entgegengesetzter Richtung gehen. Kommend von Genua wollen sie weiter nach Florenz und dann am Franziskusweg nach Rom.
Unterkunft: San Bartolomeo a Coian
Samstag, der 10. Mai / Prato – Pistoia 31,82 km
818 m Anstieg 796 m Abstieg
Nach Prato gehen wir heute erstmals etwas weiter weg von den Ballungsgebieten. Kleine Dörfer und Olivenhaine liegen am Weg.
Am Nachmittag kommen wir dann an unzähligen und kilometerlangen Gärtnereien vorbei, in denen alle typisch toskanischen Pflanzen gezogen werden.
Wir werden müde, die Sonne scheint uns erbarmungslos auf den Kopf und eigentlich sind die Etappen, gerade für den Anfang, zu lang. Kurz vor Pistoia kann uns ein Eis nochmal die letzte Energie spenden, um ans Ziel zu kommen.
Hier schlafen wir im Spedale die Sant’Andrea e San Jacopo, die von der Confraternita di San Jacopo di Compostela geführt wird. Ich war hier schon letztes Jahr auf meiner Reise auf der Romea Strata, und kenne auch die zwei Hospitaleros, die uns empfangen. Wir bekommen noch die für die Confraternitá typische Fußwäsche und sehr viele Tipps für die Weiterreise.
Es gibt nämlich eine wegen eines Murenabgangs gesperrte Stelle, durch die man aber dennoch durchgehen kann, und andererseits eine ausgeschilderte Variante, die man nicht gehen soll, weil es diese nur aufgrund eines Politikums gibt.
Danach haben wir die Herberge für uns. Der Kühlschrank ist reichlich gefüllt, und wir lassen es uns gut gehen.
Unterkunft: Spedale di Sant’Andrea e Jacopo
Sonntag, der 11. Mai / Pistoia – Montecatini Terme 23,91 km
543 m Anstieg, 550 m Abstieg
Nachdem wir uns in der Herberge noch mit Kaffee und Zwieback stärken konnten, geht es los. Pistoia schläft noch, als wir es verlassen.
Wieder kommen wir außerhalb der Stadt recht schnell in ländliche Gegenden. Am Nachmittag geht es dann immer öfter in unmittelbarer Nähe zur Autobahn E76, bis wir Montecatini Terme erreichen.
Montecatini Terme ist eine 21000 Einwohner große Stadt, in der die Habsburger schon im 18. Jahrhundert das damalige Konzept einer modernen Kurstadt verwirklichten. Diese Thermen gibt es immer noch, und zudem ein Hotel nach dem anderen, darunter viele 3-Sterne-Hotels, die man in der Vorsaison, in der wir uns noch befinden, zu einem unschlagbaren Preis bekommt. In so einem Hotel buchen wir heute ein Zimmer. Schade nur, dass der Pool noch geschlossen ist.
Unterkunft: HG Hotel Cappelli
Montag, der 12. Mai / Motecatini Terme – Pescia 11,8 km
498 m Anstieg, 461 m Abstieg
Es wird höchste Zeit mal eine kürzere Etappe einzustreuen. Zwölf Kilometern sind es heute bis nach Pescia. Wir lassen uns Zeit – der Weg führt durch kleine Bergdörfer und Olivenhaine steil auf und ab.
Das Donativo heute ist privat bei einem pensionierten Lehrer. Normalerweise hat er die Schlüssel für ein Pilger-Appartement. Aber dieses wird für einen sozialen Notfall gebraucht, und so lässt uns Herr Antonio in seiner Wohnung übernachten. Beschämt stellen wir am Morgen fest, dass er uns sein Schlafzimmer überlassen hat und selbst im Wohnzimmer auf dem Sofa schlief.
Unterkunft: Signor Antoni
Dienstag, der 13. Mai / Pescia – Lucca 26,97 km
535 m Anstieg, 572 m Abstieg
Unsere erste Zwischenetappe ist Collodi. Collodi ist der Ort, an dem der Autor von Pinocchio geboren wurde: Carlo Collodi, eigentlich Carlo Lorenzini.
In der Dorfbar treffen wir auf vier junge Italiener. Sie gehen auch den Cammino di San Jacopo, und schauen tatsächlich noch ramponierter aus als wir. Wahrscheinlich weil sie teilweise in der Natur schlafen, und nicht so wie wir den täglichen Luxus einer Dusche genießen. Im selben Cafe plaudern wir noch mit drei Frauen, aus Tschechien. Eine von ihnen ist Speedhikerin und sie hat zum Leidwesen ihrer Freundinnen, die Etappen geplant. Sie haben Pescia mit einem Gehtag weniger als wir erreicht. Haben aber ab jetzt die selbe Etappenplanung, und wir werden uns bis zum Ende immer wieder über den Weg laufen.
In Lucca schlafen wir wieder in einer Herberge der Confraternita inklusive Fußwaschung und gemeinsamen Abendessen. Wir treffen in dieser Herberge sehr viele Pilger, weil hier ein Etappenziel der via Francigena von Canterbury nach Rom ist – der wohl bekannteste Pilgerweg Italiens. Gemeinsam mit Schweizern, Holländern, Deutschen und Italienern verbringen wir den Abend im Speisesaal der Bischofsresidenz.
Unterkunft: Ospitale di San Martino e San Giacomo
Mittwoch, der 14. Mai / Lucca – Pisa 34,72 km
363 m Anstieg, 357 m Abstieg
Wir haben die größten Anstiege in dem Apennin Vorland hinter uns. Ab hier dreht der Weg jetzt Richtung Südwest und es geht großteils flach dahin. Der Weg in die Stadt hinein entpuppt sich dann auch als sehr unangenehm bis gefährlich, auf einer Straße mit viel Verkehr und nicht sehr breitem Seitenstreifen.
Schlussendlich kommen wir aber heil beim schiefen Turm von Pisa an. Nicht unweit von diesem haben wir ein Zimmer angemietet. Am Abend Essen wir in einem traditionellen Imbissstand unter anderem "cinque e cinque". Ein Gericht, dass eigentlich nur in Livorno so heißt. In Pisa nennen sie das gleiche Gericht anders. Wie weiss ich nicht mehr obwohl ich von einem Gast belehrt wurde. Es ist ein Fladen aus Kichererbsenmehl, die in ein Brot gelegt wird. Es war früher ein typisches arme Leute Essen und gilt jetzt in dieser Gegend als Spezialität.
Unterkunft: B&B Ariston Pisa Tower
Donnerstag, der 15. Mai / Pisa – Livorno 32,78 km
92 m Anstieg, 48 m Abstieg
Nachdem wir aus der Stadt sind, geht der Weg ein Stück entlang des Canale dei Navicelli. Ein Kanal aus dem 16. Jahrhundert, der Pisa mit dem Hafen von Livorno verbindet. Im Anschluss gehen wir entlang eines Militärübungsgebietes bis zum Tyrrhenischen Meer. In Tirrenia treffen wir noch einmal unsere tschechischen Freundinnen und trinken ein gemeinsames Abschiedsgetränk. Sie verbringen hier noch ein paar Tage am Strand, bevor es für sie nach Hause geht.
Danach gehen wir den definitiv hässlichsten Abschnitt der gesamten Tour. Kurz nachdem man den Kanal in die Stadt Livorno überschreitet, erwartet einen eine lange und grausame Industriezone. Man geht auf stark von LKWs befahrenen Straßen oder verwachsenen Radwegen, die im Nirgendwo enden. Das zieht sich bis in die Stadt, in der wir eine Ferienwohnung für zwei Nächte gemietet haben.
Unterkunft: Casas Alfieri