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E5 Bretagne 2019/Teil 3 von Saint-Quay-Portrieux nach Le Mont Saint Michel

  • Autorenbild: erwandert
    erwandert
  • 23. Nov. 2023
  • 12 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 17. Juni

Zeichnung von Mont Saint Michel

14.03.2019 Pointe de la Bilfot – Saint-Quay-Portrieux 26,7 km

430 m Anstieg, 460 m Abstieg


Mir geht es gut und ich fühle mich frisch, dennoch möchte ich morgen einen Ruhetag einlegen. Zudem ist morgen viel Regen angesagt, und ab übermorgen wieder eine kleine Wetterbesserung. Heute ist das Wetter wieder mal sehr schlecht. Viel Regen und und ein kalter Wind weht.


Am Vormittag treffe ich tatsächlich einen GR34 Wanderer der mir aus der Gegenrichtung entgegen kommt. Wir unterhalten uns ein wenig. Ich finde es sehr schade dass wir nicht in die selbe Richtung gehen. Ich merke nämlich wie mir ein wenig Gesellschaft fehlt. Ich hätte nichts dagegen mal ein paar Tagen mit jemandem in die selbe Richtung zu gehen und etwas mehr zu quatschen.

Der Weg is wunderschön. Fast ausschließlich Küstenpfaden entlang mit sehr vielen Auf- und Abstiegen. Es läuft aber gut, meine Muskulatur schein sich etwas aufs wandern eingestellt zu haben, und ich laufe ein für meine Verhältnisse recht zügiges Tempo.


Am Nachmittag finde ich in einem kleinen Hafen überraschenderweise eine offene Bar. Da es wieder stärker regenet trinke ich dort zwei große Cafe au Lait und mache mal etwas länger Pause.


Ich reserviere ein Ein-Zimmer-Studio für zwei Nächte in Saint-Quay-Portrieux.


15.03.2019 Saint-Quay-Portrieux Ruhetag

Der Wochenmarkt ist in der Stadt. Ich mache eine kleine Runde und kaufe Lebensmittel ein. Der Rest des Tages wird mit Kochen, Essen, Lesen und Schlafen verbracht.


16.03.2019 Saint-Quay-Portrieux – Plage de Valais 30,7 km

430 m Anstieg, 460 m Abstieg


Ausgeruht geht es heute weiter. Das Wetter ist wie vorausgesagt gut. Um 10 Uhr bin ich in Etables sur mer, und um 11:45 Uhr in Binic. Der Küstenpfad schlängelt sich wunderschön dahin und die stetigen Auf und Abs bringen eine angenehme Abwechslung.


So geht es dahin bis zum Fluss Le Gouet, dem man dann für ca. 1,5 km ins Landesinnere folgt. Nach Westen, weiter ins Landesinnere könnte man jetzt nach Saint-Brieuc gehen (wir befinden uns an der Stadtgrenze). Saint Brieuc ist eine der größeren Städte am Weg mit schöner Altstadt aus alten Fachwerkhäusern und Kathedrale, wäre also sicher einen Abstecher bzw. einen Ruhetag wert. Den hatte ich jedoch schon, also gehe ich weiter nach Osten zurück zum Meer.


Die Wanderung ist hier eher ein sehr urbanes Erlebnis, zuerst vorbei an Wohnhäusern und danach an jeder Menge Industrie. Wieder am Meer angekommen vorbei an diversen kleinen Siedlungen am Strand, die mich sehr an Kleingartensiedlungen in Österreich erinnern.


Es ist gar nicht leicht einen Zeltplatz zu finden, aber oberhalb der Plage du Valais finde ich dann eine geeignete Wiese.


17.03.2019 Plage de Valais - L'Ermont d'en bas 22,8 km

210 m Anstieg, 210 m Abstieg


Tatsächlich finde ich heute wieder Hinweise auf den E5, aber ich kann schon vorwegnehmen, es werden die letzten auf dieser Tour sein.


Um 9 Uhr bin ich bei der Baie de St. Brieuc (Naturreservat). Ich finde sie sehr beeindruckend. Es ist gerade Ebbe und viel Fläche, gerade auf der westlichen Seite der Bucht, auf der ich mich Anfangs befinde, ist sehr viel Meeresgrund freigelegt. Oft sehe ich auch Salzwiesen.


Die Strecke entlang der Baie scheint die bevorzugte Joggingroute der Menschen aus der näheren Umgebung zu sein. Links und rechts wird an mir vorbeigeflitzt. Ist natürlich auch dem Sonntag geschuldet, aber hier geht’s wirklich rund.


Ich fühle mich heute recht schwach und brauche immer wieder Pausen. Irgendwie zieht ein Bein von der Hüfte abwärts bis in die Zehen. Ich glaube, ich habe einen Nerv beim Schlafen eingeklemmt.


Sonnenschein und Schauer wechseln sich minütlich ab. Und der Spruch, dass man in der Bretagne alle Jahreszeiten an einem Tag erleben kann, trifft heute zu. Am Nachmittag geht es vom Ort Yffiniac am südlichsten Punkt der Baie wieder nach Norden zur Pointe du Grouin und Pointe des Guettes. Am späten Nachmittag erreiche ich den Fluss le Gouessant und folge diesem ca. 2 km ins Landesinnere. Der Weg ist überraschend anspruchsvoll und geht am Rande eines Tals entlang auf teils steilen Pfaden. Es ist auch sehr glitschig.


Wieder zurück am Meer finde ich einen schönen Zeltplatz am Rande eines riesigen, aber um diese Jahreszeit völlig leeren Parkplatzes.


18.03.2019 L'Ermont d'en bas - Erquy 29,5 km

360 m Anstieg, 320 m Abstieg


Heute habe ich im Zelt so gut geschlafen, dass ich tatsächlich verschlafen habe. Normalerweise wache ich alleine vor dem Wecker auf (den stelle ich ca. zu Sonnenaufgang). Heut drück ich die Alarmfunktion einfach weg und schlafe noch eine gute halbe Stunde weiter. Mit eingespielten Handgriffen wird dann alles abgebaut und in meinem Rucksack verstaut. Ich komme recht gut voran und bin, um 12 Uhr in Dahouet.


Es beginnt zu regnen und es wird auch kälter als üblich. Eine kurze Recherche ergibt, dass es eine Gîte in Erquy 2 km abseits vom Weg gibt. Laut Netz ist der Empfang immer von 16 – 18 Uhr besetzt, also beeile ich mich um kurz nach 16 Uhr schon bei der Gîte zu sein. Um so viel Zeit wie möglich in einem warmen und trockenen Zimmer zu haben. Die Rechnung habe ich jedoch ohne den Wirten gemacht. Und diese Lektion wird jetzt wohl hoffentlich meine Letzte sein, nachdem ich bei Scrignac schon vor verschlossener Gîte stand: In Frankreich ist es sehr empfehlenswert, immer in Unterkünften vorher anzurufen, um sich unnötigen Stress zu ersparen. In der Gîte hängt ein Zettel: „Aus familiären Gründen ist die Gîte nicht besetzt, bitte hinterlassen sie eine Nachricht unter der Nummer xyz“ Ich rufe an und eine Dame erklärt mir, dass sie die Gîte erst um 19 Uhr aufsperren kann.


Das wäre der Zeitpunkt, einfach weiter zu gehen und mir einen Zeltplatz zu suchen. Aber scheinbar hat das Wetter mein Gehirn ebenfalls ein wenig durchweicht und ich entscheide mich tatsächlich zu warten. Das ist deshalb ein Blödsinn, weil die Warterei unangenehm kalt ist und ich dann auch nicht viel vom Luxus eines eigenen Zimmers habe. Um 18 Uhr kommt dann eine Nachricht per Whats App, dass mir die Gîte doch nicht aufgesperrt wird, und ich mich doch um eine andere Unterkunft kümmern soll.


Super …


Ich finde nichts unter € 80,– die Nacht und schreibe zurück, dass ich mich zur Not mit dem Zelt auf die Wiese vor die Gîte stellen könnte. Plötzlich ist es doch wieder möglich, in der Gîte zu schlafen, welche mir um 19:30 Uhr aufgesperrt wird. In neuer FKT (fastest known time) wird geduscht, Wäsche gewaschen, gekocht und gegessen.


19.03.2019 Erquy - Pléhérel 22,2 km

220 m Anstieg, 230 m Abstieg


Das nächste Ungeschick. Ich gehe nach dem Auschecken ins 2 km entfernte Carrefour in Meeresnähe, kaufe Proviant ein und bemerke, dass ich den Zimmerschlüssel noch immer bei mir habe. Das Handy war auf Flugmodus, als ich es in Normalbetrieb einschalte erwarten mich schon ein paar Nachrichten die sich über den Verbleib des Schlüssels erkundigen. Schließlich kommen wir überein, dass ich den Schlüssel im Supermarkt hinterlegen kann.


Das Wetter ist heute mal gut und der Weg zum und am Cap Erquy ist traumhaft schön. Der Weg nach Sables-d'Or-les-Pins ist nicht ganz so attraktiv, aber ich habe mir vor zwei Wochen angewöhnt, an eher mäßig interessanten Teilabschnitten Musik zu hören. Die ersten 14 Tage der Wanderung kam ich total ohne aus, aber mittlerweile bin ich sehr froh, meinen kleinen mp3-player mitgenommen zu haben


Der Weg wird wieder schöner und 2 km vor dem Cap réhel finde ich in der Ortschaft Pléhérel einen sehr großen geschlossenen Camping-Municipal. Er ist in einem kleinen Wald und zieht sich bis zum Strand. Würde man nicht die Strom- und Wasseranschlüsse an den Stellplätzen sehen, würde man teilweise gar nicht erkennen, dass man auf einem Campingplatz ist. Hier ist ein idealer Platz für die Nacht schnell gefunden.


20.03.2019 Pléhérel - Pointe Saint Efficace 26,9 km

280 m Anstieg, 270 m Abstieg


Ich wache frisch und erholt auf und mache mich auf den Weg zum Cap Fréhel. Wunderschön ist es hier und ich werde auf dem Weg teils von Propellerbetriebenen Paragleitern begleitet. Direkt am Cap frühstücke ich mit traumhaftem Blick aufs Meer. Danach geht es weiter bis zum Fort la Latte. Bis zum Port Nieux ist es wahrscheinlich einer der schönsten Teilabschnitte auf dem GR34.


Das ändert sich schlagartig mit einem nicht allzu schönen Straßenhatscher. Ich habe schon seit Stunden kein Wasser mehr und verlasse den Weg Richtung Plébouelle. Trinkwasser gibt es hier an der Kirche bzw dem Rathaus nicht. Obwohl das Dorf sehr klein ist und verlassen wirkt gibt es eine richtig skurrile kleine Kneipe. Hier trink ich was und kann meine Wasserflaschen auffüllen.


Anschließend geht’s wieder zurück ans Meer. Kurz nach Pointe Saint Efficace komme ich in eine ungewohnte Situation. Der Weg führt an einer Bucht einfach ins Meer, bzw auf einen kleinen Steinstreifen direkt am Meer. Dazu müsste ich runtersteigen und hätte an meiner Rechten eine ca. 3 m hohe Klippe und gleich zur linken das Meer. Zusätzlich sieht man nicht um die nächste Ecke wie es dahinter weitergeht.


Ich beschließe mich bis dorthin vorzutasten, und wenn es nicht weitergehen sollte einfach umzukehren und auf Straßen die Bucht zu umgehen.


Beim runtersteigen ans Meer ruft mich ein Mann der gerade mit dem Auto zur Bucht gefahren ist. Ich steig wieder rauf zu ihm und er warnt mich recht eindrücklich davor hier zu gehen, da die Flut noch höher steigt und der Weg dann tatsächlich weit unter Wasser liegt.


Wenn man bedenkt, dass ich heute nur eine handvoll Leute angetroffen habe (den Wirten in Plébouelle, die Paragleiter und ein paar Ornithologen beim Cap Fréhel) bin ich sehr glücklich darüber, dass diese Begegnung genau im richtigen Moment stattfand. Ich gehe die Straße entlang und tatsächlich ist die Bucht 15 Minuten später voller Wasser. Ich hätte es vielleicht noch grad so durchgeschafft, aber so ists mir schon lieber.


Etwas verwundert bin ich, dass es hier keine markierte Flutvariante gibt, bzw es keine Warnung bei Flut in die Bucht zu gehen.


Noch mehr Glück habe ich als ich kurz darauf einen leeren Parkplatz finde, der fast mehr ausschaut wie ein Naturcampinplatz. Hier bleibe heute Nacht


21.03.2019 Pointe Saint Efficace - Saint-Jacut 24,2 km

250 km Aufstieg, 270 km Abstieg


Ziemlich genau 12 Stunden später (wieder Flut) sehe ich von der gegenüberliegenden Seite der Bucht die Stelle, wo ich gestern runter wollte. Jetzt ist wieder Flut und alles steht unter Wasser. Bin recht froh, da gestern nicht entlang gegangen zu sein.


Zuerst geht es nach Saint-Cast-le-Guildo, und dort ziemlich ausgehungert in einen Carrefour Supermarkt. Ich fülle meinen Proviant auf und kaufe mir auch ein Mittagessen, welches ich direkt dort an der Promenade esse. Irgendwie verleitet mich mein knurrender Mage zu einem zu großen Einkauf und so verputze ich zu Mittag:


¼ Baguette mit Salami

2 Tramezzini mit Schinken

2 Pan de Chocolat

2 Naturjoghurt

1 gemischte Schale mit Couscous und Karottensalat

1 Cola

1 Gatorade


Mit überfüllten Bauch werden die nächsten zwei Stunden zur Qual. Am Abend erreiche ich Saint Jacut-de-la-Mer. Wer sich Saint-Jacut de la Mer auf einer Karte anschaut, sieht, dass es auf einer ca. 4 km langen Halbinsel liegt. Die Halbinsel ist von Ost nach West an der breitesten Stelle ca. 500 m lang und man könnte abkürzen.


Wie immer gehe ich aber die gesamte Strecke aus und würde das auch weiterempfehlen. Die Halbinsel und die Stadt darauf ist nämlich traumhaft.

Ich finde wieder einen leeren Parkplatz, der sich zum Zelten eignet.


22.03.2019 Saint-Jacut - Dinard 31,8 km

230 m Anstieg, 230 m Abstieg


Ich fühle mich heute super erholt und komme sehr gut weiter. Und das bei strahlendem Sonnenschein und frühlingshaften Temperaturen.


Am Nachmittag bin ich in Saint Briac de la Mer und bin begeistert von der kleinen Stadt. Ab hier ändert sich aber so einiges. Immer mehr Villen säumen den Weg. Die Grundstücksgrenzen dieser Anwesen werden von immer höheren Mauern eingezäunt. Der GR 34 scheint hier teilweise nur mehr geduldet zu werden. Ich begegne dem schönen Wetter wegen mehr Menschen als üblich.


Schon bald wird mir klar, dass es in dieser Gegend schwierig werden wird, wild zu campen. Durch das warme Wetter und weil Freitag ist, nehme ich auch an, dass abends mehr Leute als üblich unterwegs sein werden. Meine Lust von Jugendlichen, die nach einem Clubbesuch den Sonnenaufgang beobachten wollen, überrascht zu werden, hält sich sehr in Grenzen. Ich sehe zwei Möglichkeiten in dieser dicht besiedelten Küstengegend. Entweder schlage ich mich etwas ins Landesinnere, um einen ruhigen Zeltplatz zu finden oder suche mir eine offizielle Schlafmöglichkeit.


Eine kurze Internetrecherche ergibt, dass der Campingplatz Le Port Blanc Dinard tatsächlich schon offen hat. Es wird meine erste Nacht in einem geöffneten Campingplatz. Er ist nur zu 10% ausgelastet, wir sind gerade am Beginn der Saison. 


23.03.2019 Dinard - Saint Malo 23,1 km

170 m Anstieg, 180 m Abstieg


Die Villen werden noch größer, die Hotels pompöser, der Weg promenadenartiger und der Asphaltanteil immer höher. Da die Etappe heute relativ kurz ist, beschließe ich mehr zu flanieren als zu wandern. Es gibt auch viel anzuschauen und zu bewundern. Wer aber der Natur wegen wandert, kann die Etappe getrost auslassen.


Sehr lange schlängelt sich der Weg dann um Buchten, entlang einer Wasserkraftanlage und dem Hafen nach Saint Malo intra muros. Und hier bleibt mir regelrecht die Spucke weg. Die von hohen Granitsteinmauern umgebene Altstadt beeindruckt mich. Ich freue mich schon auf den morgigen Ruhetag um die Altstadt etwas genauer erkunden zu können.


Heute gehe ich noch bis zur 2 km entfernten Jugendherberge. 


24.03.2019 Saint Malo Ruhetag

Frühstück. Der Kaffee ist dünn, das Brot zäh und die Konfitüre besteht fast nur aus Zucker. Trotzdem bin ich rundum glücklich und wandere die Strasse oberhalb des Strandes (am Strand geht es nicht, da gerade Flut ist) entlang zurück nach Saint Malo intra Muros. Ich begehe zuerst die ganze Stadtmauer und dann die Gassen in der Altstadt. Einfach schön.


25.03.2019 Saint Malo - Port Mer 25,3 km

210 m Anstieg, 220 m Abstieg


Von der Jugendherberge gehe ich zuerst nicht direkt zum Strand, sondern in einen Außenbezirk von St. Malo zu einem Postamt. Dabei gehe ich durch einen Stadtteil, der schon nichts mehr mit der Idylle der Altstadt zu tun hat. Dabei wird mir wieder bewusst, wie privilegiert und glücklich ich mich schätzen kann, Zeit und Geld für eine derartige Wanderung aufbringen zu können.


Nachdem ich meine Postkarte aufgegeben habe, mache ich mich auf den Weg zum Strand und bin bald wieder auf einem wunderschönen Küstenpfad. Es wird tatsächlich wieder sehr ruhig. Der Weg führt entlang vieler kleiner und größerer Buchten vorbei und das Wetter ist wunderschön. Ich kann den Tag einfach genießen und am späten Nachmittag beschließe ich mir in der Nähe von Port Mer einen Schlafplatz zu suchen.


Kurz vor Port Mer registriere ich Betrieb am Camping Municipal. Das Timing ist so perfekt, dass ich gar nicht lange was zum wildcampen suche, sondern mir dort ein Plätzchen nehme.


26.03.2019 Port Mer - Cherrieux 26,2 km

130 m Anstieg, 130 m Abstieg


Zuerst mag ich in der Früh gar nicht aufstehen, dann fällt mir jeder Schritt schwer. Ich glaube, mein Körper reagiert einfach auf das nahende Ende der Tour. Er weiss, dass es morgen zu Ende geht und schaltet schon langsam ab.


Kurz nach Mittag erreiche ich die riesige Baie de Mont Saint Michel, und die Charakteristik des Weges ändert sich. Die Küste ist flach und es geht immer mehr oder weniger geradeaus dahin. So geht es zügig nach Cancale, vorbei an Saint-Benoit-des-Ondes und Le-Vivier-sur-Mer bis nach Cherrueix. Ich schaue auf dem ersten von zwei Campingplätzen vorbei, und am Eingang steht "Nebensaison ab 21. März.” Da die Gegend nicht gerade ideal zum Wild zelten ist, freue ich mich, noch eine letzte Nacht auf einem Campingplatz verbringen zu können. Ich werde etwas stutzig, da ich weder Zelt noch Wohnwagen auf dem Gelände sehe. Im Empfang brennt jedoch Licht und ich höre Stimmen. Auf der Tür steht jedoch ganz groß „Fermé". Ich klopfe an und trete trotzdem ein.


Im Empfangsbereich gibt es eine kleine Bar und an dieser stehen eine Frau und zwei Männer. Die Drei machen einen ziemlich betrunkenen Eindruck. Einer der Männer (in nicht gerade respekteinflößenden Filzpantoffeln und Leggings gekleidet) redet auf mich ein. Ich verstehe nicht gerade viel, aber da er dauernd auf das „Fermé“ Schild hinweist, glaube ich zu wissen, um was es geht.


Ich denke schon, ich werde abgewiesen, aber er zeigt mir dann doch ein Plätzchen, auf dem ich mein Zelt aufstellen kann, während er immer weiter auf mich einredet und mir zu verstehen gibt, dass das Areal wirklich geschlossen ist. Als nächstes sagt er mir, dass Dusche und WC außer Betrieb sind. Ich zucke mit den Schultern und sage das wäre mir egal. Daraufhin schüttelt er den Kopf, geht mit mir raus und zeigt mir ein funktionierendes WC (die restlichen werden gerade restauriert) und ein großes Waschbecken. Ich glaube, wenn ich dann nicht gleich zum Zeltaufbau auf mein Rasenstück gegangen wäre, hätte er mich noch zum Essen und Trinken eingeladen.


Während des Zeltaufbaus traue ich meinen Augen nicht. Ein junger Wanderer mit großem Rucksack kommt genau so wie ich die Schotterstraße zum Campingplatz entlang und schaut etwas verwirrt zuerst auf das Fermé Schild und dann auf mich. Ich deute ihm doch einfach reinzugehen und wünsche ihm noch viel Glück.


Jetzt wird der Neuankömmling der gleichen Wortkaskade ausgesetzt wie ich, und anschließend wird ihm ebenfalls die funktionierende Kabine in der Nasszelle gezeigt.


Wir stellen uns vor, und Louis meint, wir sollten doch gemeinsam Abendessen. Auf einem Picknick-Tisch geben wir all unser Essen raus und teilen. Dabei schneide ich wesentlich besser ab, da Louis heute seinen ersten Tag hatte und noch relativ frische Lebensmittel im Rucksack, und meine doch schon etwas zermatscht aussehen.


Louis ist nach Jahren als Kaffee Einkäufer in Südamerika zurück nach Frankreich gekommen und überlegt gerade, was er beruflich weiter machen wird. Um seine Gedanken zu sortieren, geht er mal den Küstenweg eine Woche lang. Der Pariser ist sehr sportlich und klettert viel, aber das ist seine erste längere Wanderung und er hat sich kurzentschlossen schnell eine günstige Ausrüstung komplett bei Decathlon besorgt.


Ich genieße es am Abend Gesellschaft zu haben, und so tratschen wir bis ca. 22 Uhr – was weit nach meiner üblichen „ins Zelt verkriech“-Zeit ist.


27.03.2019 Cherrueix - Le Mont Saint Michel 18,8 km

10 m Anstieg, 10 m Abstieg


Der Weg geht ganz flach, immer am Meer entlang und ich habe tatsächlich Mont Saint Michel den ganzen Tag im Blick. Schon gestern konnte man ihn ab und an sehen, heute jedoch hat man ihn immer im Blickfeld, und er wird nur ganz ganz langsam größer. Kurz vor Mont Saint Michel komme ich noch an den berühmten Schafen vorbei.


Als ich die Sraße erreiche habe ich die Wahl nach rechts zu meinem Hotel zu gehen und den Besuch auf der Insel nach später zu verschieben, oder gleich hinzuschauen. Ich entscheide mich für sofort, verzichte auch auf den Shuttlebus, der die Besucher im Minutentakt die zwei Kilometer bis zur Insel bringt und laufe – so wie ich bisher jeden Meter gelaufen bin.


Mont Saint Michel ist beeindruckend, und ich gehe bis vor den Eingang der Abtei. Hab dann jedoch gar keine Lust mehr reinzugehen. Mir sind einfach viel zu viele Menschen hier. Also steige ich wieder runter zu meinem Hotel. Es war zwar ein wunderschönes Ziel, aber am Ende des Tages ist es auch nur ein Punkt von unendlich vielen auf dem Weg, den ich hinter mir habe.


Ich checke im Hotel ein und lege mich um 15 Uhr kurz aufs Bett. Ohne es zu wollen, schlafe ich sofort ein und wache, um 19 Uhr völlig verwirrt auf. Ich muss doch erschöpfter sein als ich dachte. Ich gehe zum Restaurant und genieße zum Abschluss meine erste Galette.


Die Rückreise nach Wien mit dem Flixbus, hat mit Umsteigen und Verspätung schlussendlich 31 Stunden gedauern.




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