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Nederlands Kustpad 2025/Teil 2 von Lauwersoog bis Heemskerkerduin

  • Autorenbild: erwandert
    erwandert
  • 27. Okt.
  • 8 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 29. Okt.


Mittwoch, 17. September / Lauwersoog – Wierum 16,83 km

Um 6:30 Uhr bereiten wir uns im Zimmer schon unseren ersten Kaffee zu und trödeln den ganzen Morgen vor uns hin. Unsere Fähre von Schiermonnikoog legt um 10:30 Uhr ab und so stehen wir um 11:20 Uhr wieder am Deich von Lauwersoog, genau dort wo wir vorgestern den Nederlands Kustpad verlassen haben.


Von Lauwersoog gehen wir am Deich entlang, immer Richtung Westen. Am Deich hat man meistens die Möglichkeit, an der höchsten Stelle auf Gras zu wandern, oder am Fuß des Deiches am asphaltierten Radweg. Wir wechseln meist ein wenig ab. Auch wenn die Landschaft, die man vom Deich sieht, schön ist, die Wege sind dann auf Dauer monoton und der starke Wind ist dort besonders zu spüren.


Um 13:30 Uhr erreichen wir das kleine friesische Dorf Peazans. Am westlichen Dorfausgang befindet sich ein kleines Museumsdorf mit Fischerhäusern und einem Denkmal für mehr als 80 Fischer, die vor langer Zeit bei einem Sturm ihr Leben auf hoher See verloren haben.


Wir gehen dann wieder auf dem Deich weiter zum Ort Wierum. Es beginnt schon wieder zu regnen und der Wind wird stärker. 


Von hier sind es noch ungefähr vier Kilometer, weg vom Deich in das Landesinnere bis zu unserem angepeilten Campingplatz. Es regnet, ist windig und kalt. Keine gute Ausgangslage für eine angenehme Nacht im Zelt. Einen Kilometer nach Wierum schaue ich bei “Vrienden op de fiets” ob es eventuell  in der Nähe eine Übernachtungsmöglichkeit gibt, und bin überrascht, dass es etwas 900 m von meinem Standpunkt entfernt eine gibt. Ich rufe gleich an und habe Glück, es ist möglich, dass wir kurzfristig vorbeikommen. Wir schlafen in einem geräumigen, 110 jährigen friesischen Haus ein paar hundert Meter vom Meer entfernt. Es gibt hier einen großen Aufenthaltsraum und eine Kochzeile. Birgit und ich sind von der Unterkunft begeistert. Wir haben das ganze Haus ganz für uns alleine und die Betreiberin ist so nett auch noch unsere Sachen zu waschen. Ein Luxus, den wir seit Reisebeginn nicht mehr hatten.


Donnerstag 18. September / Wierum – Ferwert  24,22 km

Nach einem reichlichen Frühstück in der “Vrienden op de Fiets” Unterkunft geht es zurück auf den Deich. Nach ein paar Kilometern entscheiden wir uns für eine parallel in etwa einem Kilometer Abstand zum Deich verlaufende Straße, um den Ort Holwerd zu erreichen. Würden wir die Originalroute am Deich entlang weitergehen, würden wir den Ort umgehen. Unsere Gastgeberin von letzter Nacht sagte uns, dass es in Holwerd einen Supermarkt mit Sitzgelegenheiten und einer Kaffeemaschine gibt. Da es wieder stürmt und eine Pause im Freien unangenehm beziehungsweise gar nicht möglich wäre, wollen wir die Gelegenheit nutzen. Zudem können wir gleich unsere Vorräte aufstocken. Wir haben nur noch ein paar Datteln und Spekulatius.


Um 12:30 erreichen wir, zurück am Deich, die Skulptur “Warten auf die Flut” von Jan Ketelaar. Es handelt sich dabei um zwei fünf Meter hohe, aufs Meer blickende Frauenskulpturen, die einladen, sie an die Hand zu nehmen.


Anschließend führt unser Weg in das kleine Dorf Hegebeintum, in dessen Mitte die mit 8,8 Meter höchste Warft der Niederlande steht.


Unser Camping am Bauernhof ist nur mehr ein paar Kilometer entfernt, und wir sind schon das zweite Mal in Folge die einzigen Gäste auf einem Campingplatz.


Unterkunft: Camping Foswert


Freitag, 19. September / Ferwert – Wier 29,61 km

Nach einem kleinen Frühstück bei unserem Zeltplatz, machen wir uns auf den Weg. In Ferwert kaufen wir beim Spar für den Tag ein. Es scheint, als gäbe es in den Spar Supermärkten der Region immer auch eine Kaffeemaschine und eine Sitzgelegenheit. Was für uns eine erfreuliche Abwechslung ist.


Der Weg führt die ersten Kilometer an Feldern entlang, bis man den Deich erreicht. Hier kommen wir wieder zu einem Kunstwerk. Der “Tempel des Deichs” von Ids Willemsma - der an einen griechischen Tempel erinnert - ragt hier in die Höhe.


Wir gehen weiter den Deich entlang und kommen zu einer Wasserpumpanlage, die Wasser zurück hinter den Deich pumpt. Wir kommen an einem Besucherzentrum vorbei mit einer Gedenktafel zu Ehren all jener, die seit fast 1000 Jahren an verschiedenen Deichen gebaut haben.


Um 11:30 Uhr kommen wir am Kwelderzentrum vorbei, wo man viel über Flora und Fauna des nordfriesischen Watts und der Wattwiesen erfährt. Kwelder sind periodisch vom Meer überflutete Wiesen. Hier weiden auch Nutztiere. 2006 waren 200 Pferde in einem überfluteten Gebiet eingekesselt und konnten erst nach Tagen von vier Reiterinnen gerettet werden. Dazu gab es im Kwelderzentrum einen beeindruckenden Filmbeitrag.


Die Besucherzentren sind hier immer frei zugänglich und meistens gibt es auch eine Kaffeemaschine, die man für einen kleinen Beitrag benutzen kann und Sitzgelegenheiten. Wir sind begeistert, wie unkompliziert hier öffentlicher Raum genutzt werden kann.


Endlich ist auch das Wetter besser und das erste Mal seit längerer Zeit kann man im Gras zu liegen und eine Pause machen.


Am Abend erreichen wir dann den Campingplatz in Wier. Wir mieten eine Minikabine und kochen uns eine Knorr-Pasta Pomodoro Mozzarella. Wir werden satt davon aber wir werden es nicht auf die Lekker-Liste geben. 


Unterkunft: Mini Camping Friesland Theeschenkerij de Brinkhoeve


Samstag, 20. September / Wier – Wijnaldum 23,78 km

Birgit und ich sind uns nicht einig, ob uns der Weg gefällt. Mir gefällt er gut, der viele Asphalt stört mich nicht sonderlich. Zu interessant finde ich die Deiche, Polder, Wattwiesen, Vögel, Schafe und Pferde. Birgit findet das Gehen mühsam und eintönig. Obwohl ihr die Landschaft und die kleinen Dörfer sehr gut gefallen und vor allem das für sie angenehme Klima.


In Minnertsga erledigen wir schon am Morgen alle Einkäufe, da es die letzte Einkaufsmöglichkeit für den restlichen Tag sein wird. Danach führt uns der Weg durch Felder wieder ein paar Kilometer zum Wattenmeer, wo gerade Flut ist.


In Oosterbierum finden wir eine geeignete Bank für unser Mittagessen. Weil wir heute noch genug Zeit haben, besuchen wir am Weg auch noch einen Rustpunt. 700 davon gibt es in den Niederlanden. Private Haushalte öffnen ihre Gärten oder landwirtschaftliche Betriebe einen Bereich auf ihrem Hof. Es gibt meist Kaffee, Tee, eine Fahrradpumpe und ein Reparaturset. Optional auch einen Bauernladen.


Auf dem letzten Streckenabschnitt beginnt es zu regnen. Wir erreichen unsere “Vrienden op de Fiets” Unterkunft völlig durchnässt. Hier werden wir wieder freundschaftlich in Empfang genommen und bekommen ein großes Zimmer mit eigenem Badezimmer. Wir dürfen in der Küche der Gastgeberin am Abend kochen und sie schenkt uns Gemüse, damit unser Mahl nicht allzu karg ist. Wieder sind wir überwältigt von der Gastfreundschaft.


Unterkunft: Vrienden op de Fiets Wijnaldum


Sonntag, 21. September / Wijnaldum – Sotterum 25,08 km

Wir kriegen in unserer Unterkunft ein Frühstück mit Joghurt, Müsli, Ei, Brot, Rosinenbrötchen, Käse, Butter, Marmelade, Äpfel, Bananen, Schokostreusel, Kaffee und Tee. Danach bringt sie uns noch einige Jausensackerln, damit wir das, was wir nicht gegessen haben, mitnehmen können. Einfach nett!


Um acht Uhr machen wir uns auf den Weg und folgen bald dem Elfstedenpad nach Harlingen. Dieser Weg ist etwas kürzer als der Kustpad. Ich freue mich auf diese Strecke, weil ich im Frühjahr einen Film über das Elfstedentocht gesehen habe – “De hel van '63" (Deutsch: Die Hölle von ’63) ein niederländisches Drama von Steven de Jong aus dem Jahr 2009.


Die Elfstedentocht ist ein über 200 Kilometer langes Schlittschuhrennen entlang von Kanälen, Flüssen und Seen in Friesland. Sie geht durch die elf friesischen Orte mit historischem Marktrecht und kann nur in strengen Wintern, wenn die Eisdecke dick genug ist, durchgeführt werden. Das letzte Mal war dies 1997 der Fall.


Auf diesem Weg erreichen wir Harlingen, die einzige der elf Städte, die direkt auf unserem Wanderweg liegt. Bei der Skulptur “Broken Jug” von Frank Stella biegen wir in die Altstadt ein. Es ist Sonntagvormittag, und so gut wie alles hat zu. Wir haben gehofft, dass ein Cafe oder eine Bäckerei offen hat. Aber am Stadtrand können wir bei einem geöffneten Jumbo unsere Vorräte auffrischen, was dringend nötig ist, da wir sonst den ganzen Tag nichts mehr zu essen hätten.


In Zurich essen wir an einem Rastplatz zu Mittag und erreichen dann um 15:30 Uhr schon den Campingplatz in Sottrum. Dort warten schon acht verspielte friesische Wasserhunde auf uns, die sehr neugierig unsere Ausrüstung durchstöbern.


Unterkunft: Camping Sotterum


Montag, 22. September / Sotterum – Van Ewijcksluis 27 km

Nach zwei Kilometern erreichen wir den Abschlussdeich. Da dieser verstärkt wird und der Rad- und Fußweg gesperrt sind, nehmen wir für rund 30 Kilometer den Bus.


Wir erreichen Nord-Holland und die ehemalige Gemeinde Wieringen. Wieringen war noch bis in das letzte Jahrhundert hinein eine Insel und wurde dann ans Festland angepoldert. Es ist immer wieder faszinierend zu sehen, wie die Niederländer Land gewinnen.


Nach einem Kaffee in St. Hippolytushoef gehen wir weiter zum Amstelmeer und umrunden dieses, um unseren Campingplatz zu erreichen.


Zum wiederholten Male essen wir dort unsere geliebte asiatische Nudelsuppe, aufgepeppt mit Würstchen und Backerbsen.


Unterkunft: Camping de Tulpenweide


Dienstag, 23. September / Van Ewijcksluis – Sint Maartenszee 29,34 km

Nach der Durchquerung des Kaps von Nordholland erreichen wir heute die Nordsee zum ersten Mal seit Schiermonnikoog nicht von einem Deich abgetrennt, sondern hinter einer Dünenlandschaft. Wir sind in einem der größten Naturschutzreservate der Niederlande.


Das Wetter ist sonnig und warm, zumindest tagsüber. Nachts erreichen die Temperaturen nicht mehr als einen einstelligen Bereich, und wir kommen an die Temperaturgrenzen unseres Schlafsystems.


Es geht starker Wind und auf unserem Campingplatz bekommen wir einen etwas ausgesetzten Stellplatz zugewiesen. Beim Aufbau weht es mir fast das Zelt weg, und ich muss das erste mal alle Abspannleinen benutzen, um das Zelt zu fixieren


Unterkunft: Dunencampingplatz De Lepelaar


Mittwoch, 24. September / Sint Maartenszee – Bergen aan Zee 24,59 km

Es ist bitterkalt am Morgen, und da wir es ja nicht eilig haben, bleiben wir in unseren Schlafsäcken, bis sich die Sonne um acht Uhr blicken lässt. Es gibt in unserem Campingplatz eine Sitzgarnitur auf einer hohen Düne mit guter Aussicht. Dort koche ich uns Kaffee und Porridge, während ununterbrochen Graugänse über uns hinweg fliegen.


Der Großteil des Weges führt heute durch eine bis zu 55 Meter hohe Dünenlandschaften. Auf dem Sand wachsen Gräser, Büsche und es gibt kleine Wälder. Wir gehen den ganzen Tag bei strahlendem Sonnenschein. Entweder in leichtem Auf und Ab in den Dünen, oder ein paar Kilometer auf Deichen.


Die Abwechslung in der Landschaft als auch die leichten Bewegungen im Höhenprofil fühlen sich gut an. Vor allem nach den monotonen Wanderstrecken in Groningen und Friesland. Hinter dem Natuurvriendenhuis Het Zeehuis wollen wir zelten. Es ist kalt, und da es hier sehr günstige Zimmer gibt, können wir dem nicht widerstehen. Die Naturfreunde Niederlande betreiben ähnlich wie in Österreich und Deutschland einige Unterkünfte. Sie werden von Freiwilligen am Laufen gehalten, und es gibt eine schöne Gemeinschaftsküche und einen Aufenthalts- und Speiseraum. Alles ist perfekt in Schuss gehalten. 


Unterkunft: Natuurvriendenhuis Het Zeehuis


Donnerstag, 25. September / Bergen aan Zee – Heemskerkerduin 26,98 km

Wir sind heute den ganzen Tag in den Dünen. Nur für einen kleinen Abschnitt entscheiden wir uns für eine kurze Alternative am Strand zu gehen und kommen so in den Ort Egmond aan Zee. Am Strand reihen sich dicht an dicht die Hotels aneinander, aber es gibt hinter dem Strand und den Hotels ein schönes altes Zentrum. Dort findet gerade ein Markt statt. An einem Fischimbiss essen wir das erste Mal Kibbeling, in Panade frittierten Fisch. Heiß, fettig und “lekker”, wie man auf niederländisch sagen würde.


Von Egmond aan Zee geht es wieder in die Dünen hinein. Zwei Frauen kommen uns entgegen und fragen:

“Sind die Pferde gefährlich oder kann man an ihnen vorbei?”

“Welche Pferde denn?” frage ich und schaue dabei hinter mich in die Richtung, in welche die Frauen zeigen.

In 20 Meter Abstand folgen uns acht Pferde. Durch den weichen Sandboden haben wir sie nicht wahrgenommen.

“Äh, glaube nicht” sage ich

“Wir dachten das sind eure, weil die so hinter euch hergehen”.


Während wir uns unterhalten, gehen die Pferde in einem kleinen Bogen an uns vorbei. Es war ein wenig surreal, aber wenigstens weiss ich jetzt, dass man mir den Pferdehalter zutrauen würde.



Unterkunft: Klein Hemelrijk


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