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Nederlands Kustpad 2025/Teil 3 von Heemskerkerduin bis Brielle

  • Autorenbild: erwandert
    erwandert
  • 26. Okt.
  • 7 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 29. Okt.


Freitag, 26. September / Heemskerkerduin – Kurz vor Haarlem 28,56 km

Nach einem abwechslungsreichen Vormittag erreichen wir den in den Hängen der Dünen gelegenen Ort Wijk aan Zee. Wir überlegen uns, ob wir die Etappe bis Haarlem verlängern sollen, und somit mehr Zeit haben, sowohl für Haarlem als auch um Almere zu besuchen. Almere liegt nicht auf der Route, aber wir wollen dort Marjo besuchen, die wir im Frühjahr auf der Via di Assisi kennen gelernt haben.


Bei Kaffee und Backwaren vom Supermarkt verschieben wir die Entscheidung auf später. Nachdem wir den die Nordsee und den Amsterdamer Hafen verbindenden Nordseekanal mittels Fähre überquert haben, erreichen wir IJmuiden. Wir gehen auf Burger und Pommes, um weitere Energie zu schöpfen, denn wir werden nun doch bis kurz vor Haarlem weitergehen und dort in einem Naturcampingplatz in den Dünen, vom ⁨Nationaal Park Zuid-Kennemerland⁩ übernachten. 


Hier gibt es eine beheizte Bar. Nachdem das Zelt steht und wir etwas gegessen haben, gehen wir hinein, um uns mal richtig aufzuwärmen bevor es wieder ins kalte Zelt geht.


Unterkunft: Camping Zeeweg 71


Samstag 27. September / Zeeweg 71 – Bahnhof Haarlem 6 km

Wir sind schon um neun Uhr in Haarlem, geben unsere Rucksäcke in der Gepäckaufbewahrung am Bahnhof ab und schlendern in das Zentrum. Das Gehen ohne Rucksack fühlt sich fast wie Schweben an. Ein paar Einkäufe später (Gaskartusche, Socken, Handschuhe und ein Raincover für Birgits Rucksack) treffen wir uns mit Ruud. 


Ich habe ihn im Frühjahr am Camino Mozàrabe kennengelernt, wo wir aufgrund von Starkregen und daraus resultierenden Überflutungen ein paar abenteuerliche Tage miteinander verbracht haben. Er nimmt sich Zeit für uns und führt uns einige Stunden durch die Stadt, zeigt uns ein paar der berühmten Hofjes der Stadt. Hofjes sind um einen begrünten Innenhof angelegte Wohnungen. Sie wurden von den Vermögenden erbaut und gingen an sozial Bedürftige. Der älteste datierte ist aus dem 13. Jahrhundert. Nach einem Snack, bestehend aus rohem Hering und Kibbeling, besuchten wir auch noch das ehemalige Koepelgefängnis. Eines von drei runden Panopticon - Gefängnissen in den Niederlanden. Im 2016 geschlossenen Gefängnis sind  jetzt ein Kino, ein Restaurant, Co-working Spaces und viele Kunstprojekte untergebracht. Berührt hat uns eine kleine Ausstellung über Hannie Schaft, eine Widerstandskämpferin, die hier inhaftiert war und von den Nazis wenige Wochen vor Kriegsende hingerichtet wurde.


Ruud hat uns seine Stadt so liebevoll präsentiert, dass wir schon die Immobilienangebote studieren. Hier könnten wir uns vorstellen zu leben. 


Am Nachmittag fahren wir mit dem Zug über Amsterdam nach Almere zu Marjio, die in Almere Hout lebt.


Almere wurde mit der gesamten Provinz Flevoland aus dem IJselmeer gepoldert und hat mein Geburtsjahr: 1975. Morgen werden wir hier einen Ruhetag verbringen und uns von Marijo die Umgebung zeigen lassen.


Unterkunft: Privat bei Marijo


Sonntag, 28. September / Ruhetag in Almere

Wir frühstücken in aller Ruhe, bevor wir uns mit Marjo drei Besichtigungen in Flevoland vornehmen.


Als Erstes fahren wir zum Wohnprojekt Oosterwold. Hier besteht die Möglichkeit, sein Haus individuell zu bauen, da es keine Vorgaben gibt, was das Erscheinungsbild betrifft. Es gibt lediglich vorgegebene Flächen, die verkauft werden, und auf diesen muss eine prozentual anteilige Grünfläche und ein Teil öffentlich zugänglich sein. Es gibt Lehmhäuser, Holzhäuser, Tiny Häuser, runde Häuser und vieles mehr. In diesem Teil von Almere steht auch die De Groene Kathedraal, eine künstliche Baumformation, die den Umriss der Kathedrale von Reims zeigt.


Danach fahren wir zum Nationalpark Nieuw Land. Dieser Nationalpark entstand bei der Trockenlegung des Zuidersees. Ich empfinde es als großen Widerspruch, einen von Menschen geschaffenen Park als Naturpark zu bezeichnen, muss aber zugeben, dass er schön ist und es Platz und Raum für viele Tiere gibt. Rehe, Konikpferde und Rinder sind die Landschaftsgärtner. Auch Seeadler haben sich hier angesiedelt und ein Fuchs hat unseren Weg gekreuzt.


Zu guter Letzt machen wir noch einen kleinen Spaziergang in Almere Haven. Die Stadt gibt es erst seit 1975. Heute beherbergt das Zentrum von Almere eine der weltweit größten Sammlungen architektonischer Kunstwerke von Gebäuden, die nach Plänen berühmter Architekturbüros errichtet wurden: David Chipperfield Architects, Gigon & Guyer Architekten, Claus en Kaan Architecten, Atelier Christian de Portzamparc , René van Zuuk Architekten und andere.


Unseren letzten Abend mit Marijo verbringen wir in ihrem wunderschönen Haus bei einem gemütlichen Abendessen. Wir können ihr gar nicht genug danken für ihre Gastfreundschaft. Es ist nicht selbstverständlich, dass man fast Unbekannte in sein Haus einlädt. Wir hoffen, dass wir uns irgendwann einmal revanchieren können und sie in Wien unser Gast ist.


Unterkunft: Privat bei Marijo


Montag, der 29. September / Ungeplanter Ruhetag Haarlem

Gleich in der Früh fahren Birgit und ich mit dem Intercity von Almere nach Amsterdam. Dort sollten wir in den Zug nach Haarlem umsteigen. Der Reihe nach werden jedoch alle Züge gestrichen. Erst zu Mittag geht es über einen Umweg weiter. 


Ich buche eine Unterkunft in Haarlem, da es zu spät ist, um eine ganze Etappe zu schaffen. Der Nederlands Kustpad kann warten und es gibt schlimmeres, als einen zusätzlichen  Ruhetag in Haarlem einlegen zu müssen.


Nachdem wir unsere Sachen ins gebuchte Zimmer gebracht haben, spazieren wir noch eine Runde bis zum Haarlemmerhout und zur Kathedrale Sint-Bavo-Kirche, bevor wir in unserem Appartment die Kochgelegenheit für unser Abendessen nutzen und es uns gemütlich machen.


Unterkunft: 1001 Nights Boutique Hotel


Dienstag, der 30. September / Haarlem – Nordwijkerhout 30,82 km

Die Unterkunft ist so schön, dass es uns schwer fällt aufzubrechen. Nach drei Tagen Luxus sind wir etwas verweichlicht.


Auf schönen Wegen und Pfaden verlassen wir Haarlem, eine Stadt, in der ich mir vorstellen könnte zu leben.


Wir betreten das Amsterdamse Waterleidungduinen Natura-2000-Gebiet. Hier besteht die Landschaft aus Wald, offenen Feldern und Dünen und sie beherbergt den größten Damwild Bestand der Niederlande. Die Tiere sind nicht zu übersehen. Sie haben keine Scheu vor den Menschen und lassen sich durch nichts aus der Ruhe bringen.


Wir gehen bis zum Abend in der Dünenlandschaft, und verlassen sie erst am späten Nachmittag, um zu unserem Campingplatz zu gelangen


Unterkunft: Camping de Wulp


Mittwoch, 1. Oktober / Nordwijkerhout – Den Haag 36,15 km

Nebel liegt über dem ganzen Campingplatz und es ist feucht und kalt, als wir aufstehen. Mit klammen Händen packe ich das nasse Zelt zusammen. Wir machen uns noch ein Porridge, bevor wir wieder in die Dünen eintauchen.


Wir passieren zwei Städte am Meer, die sehr touristisch geprägt sind, und zu Beginn des 20. Jahrhunderts Ziel der nationalen und internationalen Haute Volêe waren: Noordwijk und Katwijk aan Zee. 


Heute sind die Orte miteinander auf Fahrradwegen durch die Dünen verbunden und es ist ganz schön viel los. Es wurden auch Fußwege errichtet, die teilweise durch tiefen Sand in Auf und Ab durch die Dünen führen.


Die Etappe ist anstrengend und vor allem lang. Um den ungeplanten Ruhetag in Haarlem wettzumachen, haben wir heute über 36 Kilometer zurückgelegt.


Wir haben im Zentrum von Den Haag wieder eine “Vrienden op de Fiets” Unterkunft gebucht. Überrascht stellen wir fest, dass wir im Atelier der niederländischen bildenden Künstlerin Simone Ten Bosch (https://huizetenbosch.nl/) übernachten werden. Sie führt in den Räumlichkeiten einer alten Schule ein B&B, bietet Workshops an und lebt und arbeitet auch dort. Überall hängt und steht Kunst. Eine Werkbank nimmt den größten Teil des Erdgeschosses ein, und unser Bett befindet sich auf einer von ihr selbstgebauten Galerie. Wir sind begeistert.


Unterkunft: Vrienden op de fiets bei Simone Ten Bosch


Donnerstag, 2. Oktober / Den Haag – Campingplatz nach Monster 29,91 km

Beim Frühstück haben wir noch die Möglichkeit, Simones privaten Bereich zu besichtigen. Es ist unmöglich zu beschreiben, aber man ist hier im Gesamtwerk einer Künstlerin und kommt aus dem Staunen nicht mehr raus.


Wir schlängeln uns langsam aus Den Haag raus. Zuerst durch Chinatown, dann durch das Zentrum und in die Vororte. 


Dann geht es zurück in die Dünenlandschaft, in den ‎⁨Westduinpark⁩, ⁨Den Haag⁩. An einem Wasserspender fülle ich meine Wasserflasche auf. Plötzlich sehe ich etwas Großes und Dunkles durch den Wald auf mich zu trotten. Es ist ein Hochland-Bulle, der anscheinend vom Geräusch des Wasserspenders angezogen wird.


Ich bleibe einfach stehen und sehe ihm zu, wie er mit lautem Schlürfen das Wasser aus dem kleinen Sammelbecken für Hunde zu Füßen des Spenders trinkt. Sehr intelligent. Warum auch abgestandenes Wasser trinken, wenn es hier frisch aus der Leitung kommt. Mehrmals fülle ich den Behälter neu auf und lasse ihn schlürfen und schmatzen.


Es geht wieder raus aus den Dünen und wir kommen nach Monster, eine kleinere Stadt. Hier arbeiten sehr viele polnische Wanderarbeiter in den Gewächshäusern. Es gibt sogar einen polnischen Lebensmittelladen im Ort.


Die Wanderarbeiter sind allerdings nicht bei allen Bewohnern willkommen, und einige Viertel riegeln sich richtiggehend ab und protestieren gegen geplante Unterkünfte. Und das nur, um sich vor hart arbeitenden Menschen zu "schützen", die dazu beitragen, den eigenen Wirtschaftsstandort zu stärken.


Für uns ist hier die Etappe zu Ende. Am Stadtrand ist unser Campingplatz. Wir bauen auf, essen was und schlafen früh ein.


Unterkunft: Strandpark Vlugtenburg


Freitag, 3. Oktober / Campingplatz nach Monster – Maasland 27,62 km

Wir schlafen ausgesprochen gut in unserem Zelt, und dies obwohl das Wetter wieder launisch wird. Zu den kalten Temperaturen wird sich über das Wochenende auch noch ein Sturm mit Windgeschwindigkeiten um die 60 km/h und starken Regenfällen gesellen, so dass ich für heute und morgen Nacht eine Unterkunft gebucht habe.


Wir gehen durch die Gemeinden Westland, Rotterdam und Midden-Delfland. Westland wird durch die Menge an Gewächshäusern auch die gläserne Stadt genannt. Zusätzlich gibt es an der Küste Badestrände. Diese gehen wir entlang, bis wir den in der Gemeinde Rotterdam liegenden Neuen Wasserweg erreichen. Der neue Wasserweg ist das letzte Teilstück des verzweigten Mündungsarms des Rheins, und so können wir Schiffe beobachten, die von oder nach Rotterdam unterwegs sind.


Das richtig miese Wetter beginnt zu unserem Glück erst, als wir Maasland in Midden-Delfland erreicht und den gesamten zweiten Stock in unserer “Vrienden op de Fiets” Unterkunft bei Lydia und Pete bezogen haben. 


Das Dorf hat eine lange und wechselhafte Geschichte. Für uns hauptsächlich durch den historischen Stadtkern und durch die Alte Kirche sichtbar. Für mehr ist keine Zeit, wir genießen lieber die angenehme Unterkunft.


Unterkunft: Vrienden op de Fiets bei Lydia und Pete


Samstag, 4. Oktober / Maasland – Brielle 16,31 km

Wir bekommen bei Lydia und Pete noch ein liebevoll vorbereitetes Frühstück und spielen mit dem drei Monate alten Welpen Ramses, der total verspielt ist und wie ein kleines Wollknäuel herumwirbelt und einfach nur entzückend aussieht.


Die heutige Etappe ist sehr kurz, da wir aufgrund der schlechten Wetterprognosen - Regen und starker Wind – unter einem Dach schlafen wollten und die einzige nicht allzu teure Option in Brielle nach 15 Kilometern ist. Dass Brielle einen alten historischen Stadtkern hat, nehmen wir als Bonus mit.


Der Weg führt uns einige Schifffahrtskanäle entlang und über Brücken darüber hinweg. Kurz vor Brielle kommen wir an einem kleinen Museum vorbei, in dem wir sofort willkommen geheißen werden und eine Führung bekommen.


Thema des Museums ist ein Stationentheater, welches jedes Jahr am 1. April im gesamten Ortsgebiet stattfindet und bei dem der Sieg über die Spanier 1572 im 80jährigen Krieg gefeiert wird.


Am Nachmittag haben wir noch genug Zeit für eine kleine Stadtbesichtigung, bevor wir unser Zimmer beziehen können.


Unterkunft: Hotel Fletcher



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