Nederlands Kustpad 2025/Teil 4 von Brielle bis Sluis
- erwandert

- 25. Okt.
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 29. Okt.

Sonntag, 5. Oktober / Brielle – Stellendam 30 km
Der Tag ist ein wenig geprägt von Sorgen. Wird das Wetter wirklich wie prognostiziert besser? Werden Regen und Sturm im Laufe des Tages nachlassen? Wird es mit unserer Sommerausrüstung möglich sein zu zelten?
Etwas unentspannt umrunden wir so die Gemeinde Voorne aan Zee im Rhein-Maas-Delta. Entlang des Brielser Meer, Ostvornse Meer und des Haringvliet. Über den Haringvlietdam erreichen wir Stellendam und unseren Campingplatz. Es regnet nicht mehr und der Wind hat inzwischen auch etwas an Kraft verloren. Einer Nacht im Zelt steht nichts im Wege.
Unterkunft: De Vlugtheufel Camping
Montag, 6. Oktober / Stellendam – Campimngplatz vor Renesse 32,47 km
Nachdem wir die beiden alten Orte Goedereede und Ouddorp durchquert haben, gehen wir über den langen Brouwersdam, um Zeeland zu erreichen
Zeeland und eine Gemeinde nördlich davon besteht aus einer Reihe von Inseln, ehemaligen Inseln, Halbinseln, Seen, die einst Meere waren, dem riesigen, für die Schifffahrt fahrbar gemachten Rhein Main Delta und der Nordsee. Und wir hüpfen jetzt von (Halb)Insel zu (Halb)Insel. Mal über Deiche, mal mittels Fähre.
So von der Agrarindustrie überzogen das Hinterland auch ist, hier an der Küste versucht man das Beste, um viele Flecken unter Naturschutz zu stellen.
Mit Zeeland sind wir nun in der fünften und letzten Provinz, durch die der Kustpad führt. Die Wanderung neigt sich langsam dem Ende zu. Das Wetter dürfte uns die nächsten Tage mit keinem Sturm und auch nicht mit allzu starkem Regen überraschen.
Nachdem das Zelt aufgebaut ist, gibt es – wie fast täglich – asiatische Nudelsuppe mit Würstchen, und anschließend verziehen wir uns ins Zelt.
Unterkunft: Camping de Kempe
Dienstag, 7. Oktober 2025 / Campingplatz vor Renesse – Westenschouwen 22,84 km
Da wir gestern erst nach Rezeptionsschluss den Campingplatz erreicht haben, können wir uns erst heute morgen, um 9:30 Uhr anmelden und bezahlen, deshalb trödeln wir lange im Zelt herum, trinken zwei Kaffee und machen uns ein Porridge. Kurz kam mir die Idee, die Zeche zu prellen, aber zu Fuß können wir ja nicht schnell genug aus der Gegend abhauen.
Heute an der Rezeption habe ich dann einen Moment, der an ein paar Szenen aus dem Film “Local Hero” erinnert.
Gestern, zehn Minuten außerhalb der Öffnungszeiten, wies uns ein Mitarbeiter des Campings noch einen Platz zu, konnte aber die Anmeldung und Abrechnung auch nach mehrmaligem Bitten nicht machen. Er wird wohl keine Befugnis haben, und die zuständige Person war wohl nicht mehr anwesend. Wer sitzt aber jetzt um 9:30 Uhr so, als könnte ihn kein Wässerchen trüben an der Rezeption? Eben jener Mann von gestern.
Es war so skurril, dass ich nicht böse sein konnte, sondern eher belustigt war.
Die heutige Etappe führt zum Ort Haamstede und dann in die Dünen und zur Nordsee. Weiter geht es dann durch überraschend hohe Dünenberge nach Westenschouwen.
Dort bekommen wir einen Stellplatz mit privaten Sanitäranlagen und einer Kochzeile. Es ist schon eigenartig, das WC in der Küche zu haben. Aber wir empfinden es als Luxus.
Unterkunft: Camping de Meypacht
Mittwoch, 8. Oktober / Westenschouwen – Oostkapelle 27,43 km
Wir gehen heute zuerst über die neun Kilometer lange Oosterschelde-Sturmflutwehr. Im Gegensatz zu den Deichen, Dämmen oder Brücken, die wir bisher überquert haben, ist sie in einer offenen Position mit vielen halboffenen Toren zwischen Betonpfeilern, die sich bei Hochwassergefahr schließen lassen. Dadurch ist auf beiden Seiten der Wehr Meer, und nicht wie zum Beispiel beim Abschlussdeich auf der einen Seite Meer und auf der anderen ein See. Wie Marjo mir gestern schrieb, gibt es in den Niederlanden einen nationalen Stolz auf die Sturmflutwehr.
Über die Wehr erreichen wir die Halbinsel Walcheren. Bis 1871 war Walcheren eine Insel und wurde dann durch das Poldern mit dem Festland verbunden.
Hier gehen wir ein paar Kilometer am Strand entlang. Es ist gerade Ebbe und der Strand dadurch hunderte Meter breit.
Am Campingplatz werden wir freundlich empfangen und der Besitzer bringt uns sogar eine Sitzgarnitur zum Zelt. Da es am Abend wieder zu regnen beginnt, können wir sie leider erst am Morgen nutzen. Dies wird unsere letzte Nacht unter freiem Himmel.
Unterkunft: Boomgaardcamping DuinRand
Donnerstag, 9. Oktober / Oostkapelle – Vlissingen 28,33 km
Noch im Dunkeln bauen wir unser Zelt ab und frühstücken Porridge und Instantkaffee. Wir möchten so früh wie möglich in Vlissingen ankommen, da uns dort nach vier Nächten im Zelt ein Bett in einem kleinen Hotel erwartet.
Wir gehen 28 km entlang der Küste der Halbinsel Walcheren. Vor allem an der Westküste sind hohe Dünen, die im 14. Jahrhundert entstanden sind. Hinter den Dünen reiht sich ein Campingplatz und eine Feriensiedlung an die andere. Wir sind froh, dass wir in der Nachsaison hier sind, und so den Strand und die Wege in den Dünen nicht mit allzu vielen Menschen teilen müssen.
Kurz vor Vlissingen sehen wir dann sehr viele Schiffe aus der Scheldemündung raus und reinfahren. Mit 50.000 Schiffen pro Jahr ist die Schelde einer der meistbefahrenen Flüsse der Welt.
In Vlissingen essen wir noch einmal den von uns heiß geliebten Kibbeling – frittierte Schollenhappen – und checken dann in unser Hotel ein.
Unterkunft: Boutique Hotel Lupo
Freitag, 10. Oktober / Vlissingen – Sluis 30,51 km
Wir sind jetzt schon den 32. Morgen in den Niederlanden auf dem Kustpad und genießen heute das erste Hotelfrühstück auf dieser Reise. Rührei, Würstchen, Käse und ein Croissant finden den Weg in meinen Bauch. Danach gehen wir durch die Stadt am Bahnhof vorbei zur Fähre, die uns über die Schelde nach Breskens bringen wird.
Von dort geht es an oder in der Nähe der Küste bis nach Cadzand Bad. Der Tag ist etwas mühsam, weil Birgit heute keine Lust zu gehen hat, und so quälen wir uns an die Ziellinie des Nederlands Kustpad in Sluis.
Von dort nehmen wir den Bus nach Brügge, wo sich unsere Laune aufgrund des geräumigen und stilvoll eingerichteten B&B samt Kaffeemaschine im Zimmer schlagartig verbessert. Nach dem Besuch eines Friethuis (frei übersetzt Frittierbude) sind wir auch satt und reif für das Bett.
Unterkunft: B&B Villa Chantecler
Samstag, 11. Oktober / Brügge
Wir verbringen einen Ruhetag in Brügge. Am Vormittag gehen wir ins 1,5 Kilometer entfernte Stadtzentrum. Anfangs haben wir noch unsere Ruhe, doch im Laufe des Vormittags treffen immer mehr und immer größere Gruppen ein, und gegen Mittag habe ich keine Lust mehr, die Stadt zu besichtigen. Obwohl mir die Backsteingotik, deren Häuser, die in den Weltkriegen nicht zerstört wurden, gut gefallen, fühlt sich vor allem das Zentrum der Stadt wie eine Museumsstadt ein, voll mit Chocolatiers, Cafes und Souvenirgeschäften.
Unterkunft: B&B Villa Chantecler
Sonntag, 12. Oktober / Brügge – Amsterdam – Nachtzug nach Wien und Fazit
Die Heimfahrt gestaltet sich als lang, aber unproblematisch. Es geht mit dem Flixbus nach Amsterdam und von dort mit dem Nachtzug wieder zurück nach Wien.Was für ein Fazit kann ich ziehen? Nun, nicht überraschend, sind die Niederlande rein landschaftlich natürlich kein ausgesprochenes Wanderziel. Trotzdem finde ich, dass vor allem die Provinzen Nord-Holland, Süd-Holland und Seeland ihre Möglichkeiten, attraktive Wege durch die Dünen zu gestalten, bestmöglich genutzt haben. Groningen und Friesland sind in dieser Hinsicht einfach von den Möglichkeiten, die die Landschaft bietet, sehr eingeschränkt.
Was wir beide fantastisch fanden, waren die Vereine, die es hier in den Niederlanden gibt, und die einem das Reisen mit Rad oder zu Fuß erleichtern. Dazu zähle ich “Vrienden op de Fiets”, “Rustpunt”, “Die Naturfreunde”, und einige kleinere Naturcampingvereine.
Auch die Offenheit und Freundlichkeit der Niederländer*innen denen wir begegnet sind, hat die Reise besonders gemacht. Besonderen Dank an Ruud und Marijo, die uns ihre jeweilige Stadt von einer anderen Seite gezeigt haben.
Die Niederlande sind auch ein sehr guter Ort um das Weitwandern mit Zelt zu testen, falls man sich nicht sicher ist, ob das was für einen ist. Die Dichte der Campingplätze ist einfach so groß, dass man sehr viele Möglichkeiten in relativ kurzen Abständen findet. Hier würde ich empfehlen, bei der Recherche auf naturnahe Campingplätze zu setzen, da die großen und kommerziellen nicht wirklich auf Zelte ausgerichtet sind.
In der Zukunft habe ich noch zwei Wanderungen vor, die die Niederlande mit einbeziehen. Den Pieterpad von Pieterburen bis Maastricht und den GR 5, der von Hoek van Holland bis Nizza führt und durch die Niederlande, Belgien, Luxemburg, die Schweiz und Frankreich verläuft. Birgit weiss noch nicht, ob sie mitkommt. Sie tendiert dazu, Fahrradfahren zu lernen – per fiets – gehts flotter durch die Niederlande.











































































































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