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Nederlands Kustpad 2025/Teil 1 von Leer/DE bis Schiermonnikoog

  • Autorenbild: erwandert
    erwandert
  • 28. Okt.
  • 7 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 29. Okt.


Einleitung zum Nederlands Kustpad

Der Nederlands Kustpad (Niederländische Küstenpfad) ist mit 725 Kilometern Länge der längste Fernwanderweg in den Niederlanden. Er ist auch Teil des ungefähr 5000 Kilometer langen europäischen Fernwanderwegs E9 (von Portugal nach Estland entlang des Atlantiks, der Ostsee und der Nordsee), den wir in Abschnitten seit ein paar Jahren schon begehen. Die Niederlande im Herbst erschien uns eine gute Idee. Wir befinden uns in der Nachsaison. Die touristische Infrastruktur sollte noch geöffnet sein, aber es wird schon wesentlich ruhiger sein als in der Hauptsaison. 


Übernachten wollen wir auf Campingplätzen und bei “Vrienden op de Fiets”, einem Verein, bei dem private Gastgeber Radfahrern und Wanderern für eine Nacht um 25 Euro pro Person einen Schlafplatz und ein Frühstück bereitstellen. Nur wenn die oben genannten Möglichkeiten nicht zur Verfügung stehen oder an Ruhetagen, wollen wir auf die Möglichkeit einer Hotelübernachtung zurückgreifen.


Nützliche Links:

www.wandelnet.nl (Website des niederländischen Wandervereins)

www.rustpunt.nu (Website eines Vereins für Rastpunkte entlang der Fahrrad- und Wanderwege in den Niederlanden. Meist mit Kaffee, Tee, WC und Fahrradreparaturset)

www.vriendenopdefiets.nl (Website für Unterkünfte bei privaten Gastgebern)

www.longdistancepaths.eu (Planungstool für einige europäische Weitwanderwege)


Dienstag, 9. September / Leer – Bad Nieuweschans 27,34 km

Wir sind gestern mit dem Nachtzug von Wien nach Münster gefahren und haben dort den Regionalzug nach Leer genommen. Nach der Ankunft in Leer gehen wir direkt los. Zwar gehört diese Etappe nicht zum Nederlands Kustpad, aber wie auch der Kustpad ist sie Teil des E9, dem europäischen Weitwanderweg, der von Portugal bis nach Estland verläuft. Eines unserer Langzeitprojekte ist es, den gesamten Weg in Etappen zu gehen. In den letzten Jahren haben wir schon große Teile der spanischen und bretonischen Atlantikküste und der Ostsee von Deutschland nach Polen erwandert. Über die Jahre möchten wir alle dazwischen liegenden Lücken schließen. 


Der Kustpad führt uns zuerst entlang der Ems und anschließend über Straßen an die Niederländische Grenze, hinter der sich die Stadt Bad Nieuweschans befindet. Wir übernachten dort auf einem kleinen Campingplatz.


Unterkunft: Camping Holland Poor


Mittwoch, 10. September / Bad Nieuweschans –Termunterzijl  31,67 km

Es ist ein sonniger Tag mit bis zu 20 Grad. Es geht zuerst vom Campingplatz durch die kleine Stadt. Nieuweschans. Anschließend über Feldwege bis zum Dollart, die Bucht, die sich die Niederlande und Deutschland teilen. 


Ich bemerke, wie ich Blasen bekomme, was mich sehr überrascht. Ich bin eigentlich überhaupt nicht anfällig für Blasen und habe diese Schuhe definitiv in Norwegen gut eingelaufen. 


Der Tag ist sehr anstrengend, vor allem, weil ich für den zweiten Tag eine etwas zu lange Etappe geplant habe. Es geht heute den Dollart entlang. Wir kommen in ein Naturschutzgebiet, in dem man um diese Jahreszeit oft Seehunde beobachten kann. Leider haben wir kein Glück und sehen keine. Was wir zu Hauf sehen, sind Schafe. Sie liegen am Damm am Weg und machen uns missmutig Platz. 


Am Campingplatz ist die Rezeption nicht mehr besetzt. Wir entschließen uns eine Mail zu schreiben, um den Rechnungsbetrag zu überweisen und suchen uns einen Platz für unser Zelt. Auf diese Mail hat nie jemand geantwortet und so wurde uns eine kostenlose Übernachtung geschenkt.


Unterkunft: Camping Marina Park Zeestrand


Donnerstag, 11. September / Termunterzijl – Appingedam 24,97 km

Wir stehen früh auf und packen alles schnell ein, weil es nach Regen aussieht und ich das Zelt nicht im Regen abbauen möchte. 


Am Anfang führt der Weg entlang des Deichs. Bei einer Industriezone wird der Weg wegen Bauarbeiten am Firmengelände weitläufig umgeleitet. Um 11:30 Uhr erreichen wir Delfzijl und gönnen uns erst mal Kaffee und Kuchen und erledigen unseren Lebensmitteleinkauf. 


Der Weg führt uns wieder ins Landesinnere und durch Appingedam, eine mittelalterliche Stadt. Unser Campingplatz ist einen Kilometer außerhalb. Hier sind alle sehr nett zu uns, grüßen und fragen, was wir vorhaben und so kommen wir ein bisschen zum Plaudern. 


Unterkunft: Camping Ekstein


Freitag, 12. September / Appingedam – Uithuizen 20,75 km

Es regnete in der Nacht und auch am Morgen. Wir nutzen eine kurze Regenpause, um unsere Sachen zu packen. Das Zelt kommt klitschnass in den Rucksack. Das Wetter wechselt ständig von Sonnenschein zu Regen und aus der Ferne sind Gewitter zu hören. Bei der ersten Gelegenheit machen wir Pause und hängen das Zelt zum Trocknen auf.


In Oldenzijl besichtigen wir die Nikolauskirche. In der zur Zeit eine Fotoausstellung von Trudy Dehue zu sehen ist.


Am Nachmittag erreichen wir Uithuizen. Ich kaufe mir Badesandalen, da die von mir mitgenommenen Badeschuhe ungeeignet sind. Weder zum Duschen noch als Campingschuhe sind sie richtig geeignet. Mal wieder ein Fehlkauf, der unterwegs Zeit und Geld kostet.


Wir schlafen in einer Unterkunft, die bei “Vrienden op de fiets” gelistet ist. Wir werden in ein wunderschönes Gartenhaus mit Küche und Terrasse einquartiert. Mit so einer komfortablen Unterkunft haben wir nicht gerechnet und wir genießen es, nach den Zeltübernachtungen mal wieder zu kochen und es uns auf dem Sofa gemütlich zu machen.


Samstag, 13. September / Uithuizen – Breede 20,41 km

Der Kustpad führt uns an diesem sonnigen Tag durch das kleine Dorf Rottum. Hier stand einmal ein Kloster, aber davon ist nichts mehr zu sehen, da das gesamte Gebäude, als das Kloster geschlossen wurde, von den Bewohnern als Baumaterial benutzt wurde. Wir wissen das, weil uns ein Bewohner des Dorfes die kleine Kirche zeigt und dabei auch die Geschichte des Ortes erzählt. 


Ich lerne heute einiges über die Gegend. Obwohl wir ziemlich weit vom Meer entfernt sind, reichte es bis 1100 n. Chr. fast bis hierher und wurde dann durch den Deichbau über die Jahrhunderte immer weiter nach Norden verdrängt. Rottum selbst steht zum Teil auf einer Warft. Warften sind künstlich angelegte Hügel, die schon vor knapp 2000 Jahren aus getrocknetem Schlamm aus dem Watt gebaut wurden. Man konnte bei Hochwasser Mensch und Vieh auf diese Erhebungen in Sicherheit bringen. Es fasziniert mich, wie lange der Mensch hier schon mit allen Mitteln versucht, das Meer zurückzudrängen, um Land zu gewinnen.


Diese Aufwand war selbst den Römern zu anstrengend, die zwar regen Handel mit den Friesen trieben, aber nie wirklich Interesse hatten, das Gebiet dauerhaft zu besetzen. Der römische Schriftsteller Plinius der Ältere schrieb: “Zwischen den Mündungen der Flüsse leben die Chauken und die Friesen, in Gebieten, die zweimal am Tag vom Meer überschwemmt werden und in denen die Menschen auf Erdhügeln wohnen.” … „Sie leben wie Schiffbrüchige auf hohen Hügeln, wenn das Meer heranflutet. Wenn es zurücktritt, sieht man Weiden voller Fische, die beim Rückzug des Wassers liegen bleiben.”  (Naturalis Historia, XVI, 1–2) 


Unterkunft: Campingplatz de Breede


Sonntag, 14. September / Breede – Leens 22,75 km

Den Frühstückskaffee koche ich heute, wegen des Regens, im Vestibül des Zeltes. Die Temperatur beträgt nur 11 Grad und unsere Sommerschlafsäcke kommen so langsam an ihre Grenzen. Es hat in der Nacht auch immer wieder geregnet, sodass das Zelt nass und unsere Sachen klamm sind. Irgendwann schälen wir uns dann doch aus unseren Schlafsäcken, essen Porridge und gehen  los. Das Wetter ist wieder besser und die heutige Etappe nicht sehr lang. Wir machen mehrere kleine Pausen. Für die Mittagspause finden wir sogar einen Rastplatz mit Toilette, was bei Weitwanderungen ein Luxus ist. Die Sonne scheint und ich kann das Zelt trocknen – perfekt!


Nach dem Mittagessen türmen sich aus dem Nichts schwarze Wolken auf und es fängt an zu gewittern. Glücklicherweise finden wir unter einer Brücke Schutz. Zwei Radfahrer und zwei Fischer haben hier ebenfalls Schutz vor dem Gewitter gefunden. Die Fischer lassen sich von den Wetterbedingungen nicht in ihrer Arbeit stören und halten ihre Angeln ins Wasser. Als ein Blitz in der Nähe einschlägt, lässt einer der Fischer ziemlich schnell seine Angel fallen, der andere bleibt gelassen und angelt weiter. 


So schnell wie das Gewitter gekommen ist, so schnell ist es auch wieder weg und wir können weitergehen.


Am Campingplatz nach Leen schlagen wir unser Zelt auf. Wir sind die einzigen Gäste und der Betreiber ist gerade dabei, den Campingplatz für die Saison dicht zu machen. Freut sich aber über unser Erscheinen und sperrt uns Toilette und Dusche wieder auf. Danach besorgt er uns noch einen Campingtisch und Stühle. Der Camping Leenstertillen ist ein Naturcampingplatz und wunderschön in einem kleinen Waldstück gelegen. 


Unterkunft: Camping Leenstertillen


Montag, 15. September / Leens – Lauwersoog  26,22 km

Die Wetterprognosen für gestern Nacht und heute sind Sturm und Regen. In unserem Naturcampingplatz waren wir von Bäumen umgeben, die uns als Windschutz dienten. Was uns eine sehr ruhige Nacht bescherte. 


So starten wir erholt und ausgeschlafen in den Tag und der erste Ort, den wir erreichen, ist Vierhuizen. Kurz nachdem wir uns auf einer Parkbank für eine kleine Pause niedergelassen haben, kommt plötzlich ein starker Regenguß. Ein Mann von der anderen Straßenseite ruft uns so was ähnliches wie “de kirke is open” zu und deutet auf die Kirche hinter uns. Wir laufen los und können dort den Platzregen aussitzen.


Die protestantischen Kirchen sind, wenn sie offen sind, sehr gute Orte, um sich zu erholen. Meist gibt es eine Kaffemaschine und einen Wasserkocher und man kann sich gegen ein kleines Entgelt selbst bedienen. Dazu ist auch immer eine öffentliche Toilette vorhanden. In fast allen Kirchen, in denen wir waren, war auch eine Verkaufsausstellung von ortsansässigen Künstler*innen. Also wenn – de Kirk open is – unbedingt reingehen.


Bei starkem Wind und abwechselnd Regen und Sonnenschein gehen wir weiter und ich bemerke erst ungefähr einen Kilometer zu spät, dass wir auf einem falschen Weg sind. Dieser würde uns zwar auch zum Ziel bringen, aber der Weg auf meinem GPS Track schaut etwas wanderfreundlicher aus. Also kehren wir um, und weitere 3 Kilometer später stehen wir vor den versperrten Toren eines Truppenübungsplatzes. Also alles wieder retour und den schon einmal eingeschlagenen Weg weiter bis Lauwersoog.


So wurden aus den geplanten 19 Kilometern 26. Von hier fahren wir mit der Fähre auf die Watteninsel Schiermonnikoog, um dort einen Ruhetag zu verbringen. Schiermonnikoog soll die schönste der niederländischen Watteninseln und einen Besuch wert sein. Meinte zumindest Ruud, den ich im Frühjahr in Spanien kennengelernt habe, und dem ich von meinem Plan, die Niederlande zu durchwandern, erzählt habe.


Unterkunft: Privatzimmer


Dienstag, 16. September / Ruhetag Schiermonnikoog

Es stürmt und regnet. Gut, dass wir heute nicht weiter gehen müssen. Aber schlecht um die Watteninsel Schiermonnikoog zu besichtigen. Wir machen uns am Vormittag doch noch auf den Weg zum Nordstrand, der 16 km lang und 1 km breit ist. Die Lichtstimmung ist düster. Der Wind peitscht über das Land und bläst feinen Sand über den Strand. Es beginnt stärker zu regnen. So stark, dass es sich anfühlt, als ob man unter der voll aufgedrehten Dusche stehen würde. Wir gehen wieder zurück ins Dorf, kaufen Essen ein und ich verziehe mich für den Rest des Tages auf das Zimmer.


Birgit wagt sich nachmittags in Crocs noch mal kurz raus, um die Stadt zu erkunden. Unsere Schuhe stehen nämlich, völlig durchnässt und ausgestopft mit Zeitungspapier im Zimmer. Hoffentlich sind sie morgen wieder trocken. 


Unterkunft: Privatzimmer



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