Olavsweg 2025/Teil 1 von Oslo bis Stalsbjørsvea Cabin
- erwandert
- 6. Juli
- 7 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 26. Juli

Mittwoch, der 25. Juni / Anreise Wien – Oslo / Oslo – Gubbero Gapahuk 14 km
Am Morgen packe ich meinen Rucksack, fahre zum Flughafen und komme reibungslos in Oslo an. Dort muss ich erstmal Bargeld beheben und eine Gaskartusche kaufen. Obwohl in Norwegen so gut wie überall mit Karte bezahlt wird, brauche vielleicht für einige Herbergen, doch auch etwas Bargeld.
Danach mache ich mich am Weg zum Minneparken, dem Startpunkt des Olavsweges, dem Weg von Oslo nach Trondheim – 650 Kilometer immer Richtung Norden. Nach 30 Minuten stehe ich am Bahnhof. Der Bahnhof, an dem ich vor 90 Minuten vom Flughafen kommend schon war … ich bin nach meinen Einkäufen in die falsche Richtung gelaufen.
Beim zweiten Versuch klappt es und um 18:00 Uhr starte ich meine erste Etappe. Mein Ziel ist ein Gapahuk am 14 Kilometer entfernten Gjelleråsen. Ein Gapahuk ist eine einfache Schutzhütte mit einer offenen Seite. Mehr ein Wetterschutz, kann aber auch zum Übernachten genutzt werden. Der Gjelleråsen ist eine 340 Meter hohe Erhebung, von der man einen guten Ausblick auf Oslo hat.
Ziemlich lang geht es durch Vororte. Kurz darauf pausiere ich bei einem Cricket Platz, wo Inder jeden Alters trainieren.
Am Weg zum Gapahuk verlaufe ich mich noch mal und bin dann erst kurz vor 23 Uhr am Ziel. Dort treffe ich ein norwegisches Paar. Die Eltern des Mannes sind vor 50 Jahren aus Kalabrien nach Oslo ausgewandert. So sprechen wir auf italienisch miteinander. Nach der Arbeit machen sie gerne hier kleinere Wandertouren. Und das um diese Uhrzeit! Das muss wohl das berühmte norwegische Friluftsliv - das Leben im Freien - sein.
Da ich keinen geeigneten Platz für mein Zelt finde, lege ich meine Isomatte auf eine Bank im Gapahuk und schlafe mit Ausblick auf Oslo ein.
Unterkunft: Gubbero Gapahuk
Donnerstag, der 26. Juni / Gubbero Gapahuk – Vestre Arteid 23,82 km
400 m Anstieg, 507 m Abstieg
Um fünf bin ich schon munter, da mein Schlafplatz sehr schmal ist. Ich vertreibe mir die Zeit mit Kaffee kochen und Rucksack umsortieren.
Um sechs Uhr starte ich. Es geht teils durch Wälder, teils durch landwirtschaftlich genutztes Gebiet, aber auch viel auf Asphalt entlang an Straßen und Radwegen. Der Straßenanteil dürfte sich aber spätestens in einer Woche reduzieren.
Bei der Skedsmo Kirche treffe ich einen Freiwilligen aus der Gegend, der mir etwas über die Geschichte erzählt. Es war anscheinend ein direkt vom heiligen Olav in Auftrag gegebenes Bauprojekt. Hier gibt es auch auch Kaffee und Tee für Pilger.
Danach treffe ich erstmals auf Pilgerinnen. Zwei Norwegerinnen, die aber so schnell an mir vorbeiziehen, dass ich nur in Erfahrung bringen kann, dass sie heute zehn Kilometer weiter gehen als ich.
Alsbald treffe ich ein holländisches Paar, mit dem ich heute den ganzen Tag lange “Hase und Igel” spielte.
Ich will heute wieder in einem Gapahuk bleiben. Leider ist es in keinem guten Zustand, alles verschmutzt und die Bank im Freien völlig demoliert. Auch ist es noch sehr früh, und ich möchte hier nicht allzu viel Zeit verbringen müssen. Noch dazu, weil es einen Kilometer weiter eine Herberge bei einem Bauernhof mit Dusche und Küche für umgerechnet 17 Euro für ein Einzelzimmer gibt. Dort treffe ich auch wieder die Holländer.
Unterkunft: Vestre Arteid
Freitag, der 27. Juni / Vestre Aeteid – Vestre Risebru 35,62 km
377 m Anstieg, 419 m Abstieg
Ich habe in der Herberge wunderbar geschlafen und gehe um 7:30 Uhr los. Bald mal treffe ich ein neuseeländisches Paar, welches ich gestern schon von der Ferne gesehen habe. Wir gehen und plaudern fast bis zum 15 Kilometer entfernten Jessheim. Dort kaufe ich im Supermarkt ein und esse direkt daneben auf einer Parkbank. Aktuell teste ich mich jeden Tag als Dessert durch die Schokoriegel-Landschaft Norwegens.
Am Nachmittag zieht sich der Weg, auch weil ich statt einer empfohlenen Abkürzung – bei der man sich fünf Kilometer spart – mich für die längere Strecke entscheide. Das Raknahauge Hügelgrab muss ja auch jemand besichtigen. Wobei es bei einem Hügelgrab, in einem nicht in Ausgrabung befindlichen Zustand, nicht viel zu sehen gibt.
Weil der Großteil der Etappe auf der Straße verläuft, komme ich ziemlich erledigt bei der Herberge an, vor der ich mein Zelt aufstelle.
Die Holländer und Neuseeländer sind schon da. Später kommt noch Mattias, ein junger Norweger. Auch er ist mit dem Zelt unterwegs und gibt mir ein paar Tipps für die nächsten Zeltplätze. Morgen wird dann am See gezeltet.
Unterkunft: Vestre Risebru
Samstag, der 28. Juni / Vestre Risebru – Fløyta See 31 km
586 m Anstieg, 457 m Abstieg
Ich habe mit Matias für heute, als Etappenziel einen Platz an einem See vereinbart. Zuerst geht es allerdings hauptsächlich auf Straßen nach Eidsvoll. Ein wichtiger Ort für Norwegen, da in Eidsvollbygningen, ein Herrenhaus einige Kilometer vor dem eigentlichen Ort, die norwegische Verfassung unterzeichnet wurde. Nach Eidsvoll geht es noch eine Zeit lang die Straße entlang, bevor es in einen Wald geht, den ich erst morgen wieder verlassen werde. Matias holt mich sieben Kilometer vor dem Ziel ein, und wir erreichen gemeinsam den See.
Der tiefblaue See liegt mitten im Wald und es gibt eine Liegewiese, Tische, Bänke und sogar eine sehr saubere und neue Trockentoilette. Wir schwimmen, kochen was und verkriechen uns dann in unsere Zelte. Bis auf eine kleine Familie, die nur kurz hier eine Pause macht, haben wir das kleine Paradies für uns.
Unterkunft: Floyta See
Sonntag, der 29. Juni / Fløyta See – Angen 32,24 km
475 m Anstieg, 636 m Abstieg
Ich stehe auf, koche Kaffee und frühstücke am Seeufer. Anschließend baue ich mein Zelt ab und mache mich auf den Weg. Es geht durch einen Fichtenwald den Seen entlang. An einigen aufgelassenen Bauernhöfen befinden sich Rastplätze für Pilger und auch sehr einfache Selbstversorger Unterkünfte mit Wasser vom Bach und ein Schuppen, in dem sich ein Klo befindet.
Bei Espa geht der Weg wieder zum Mjøsa See, und dann am See entlang bis Angen. Am Campingplatz wartet bereits Matias und wir verschlingen gemeinsam eine Riesenpizza.
Unterkunft: Tangenodden Camping
Montag, der 30. Juni / Tangen – Hamar 32,21 km
358 m Anstieg, 368 m Abstieg
Ich krieche mich um sechs Uhr aus dem Zelt und bewege mich steif wie ein Brett zum Waschraum des Campingplatzes. Nach Kaffee und Keksen bin ich wieder fit, baue mein Zelt ab und gehe los.
Zuerst zum Lebensmittelgeschäft, um Proviant für den Tag einzukaufen. Danach starte ich die relativ lange Tagesetappe. Nach ca. zehn Kilometern überkommt mich eine Hungerattacke und ich verschlinge eine 200g Packung Smash. Smash wurde mir von Mathias empfohlen. Es handelt sich um salzige Maishörnchen, die mit süsser Milchschokolade überzogen sind.
Apropo Mathias: Obwohl er immer bis in die Puppen schläft, holt er mich im laufe des Tages meistens ein. So auch heute und wir gehen die restlichen 21 Kilometer gemeinsam. Die Kirche in Stange lasse ich ihn alleine besichtigen, während ich auf unsere Rucksäcke aufpasse – keinen Meter zu viel heute. Jedoch beim Erdbeerhof, ein paar Kilometer weiter, bekämpfe ich die Müdigkeit und gemeinsam pflücken und verputzen wir ein halbes Kilo erntefrische “Jordbær”
Danach zieht es sich lange den Mjøsa See entlang bis wir Hamar erreichen. Der erste größere Ort seit Oslo. Hier gibt es auch ein Pilgerzentrum mit angeschlossener Herberge, und somit wieder mal eine Nacht in einem Bett.
Unterkunft: Pilegrimssenter Hamar
Dienstag, der 1. Juli / Hamar – Ringsaker 35,27 km
605 m Anstieg, 568 m Abstieg
Ich starte beim Pilegrimssenter um 7:30 Uhr und besichtige die, unter einem Glasschutz stehende Ruine der alten Domkirche.
Oddvar, ein Mann aus Norwegen, den ich in der Unterkunft in Hamar kennengelernt habe, überholte mich am späten Vormittag. Wir überholen uns den ganzen Tag gegenseitig, da er zwar schneller als ich geht, aber dafür mehr Pausen einlegt.
Um 18:20 Uhr erreiche ich die Kirche von Ringsaker, hinter der eine einfache Pilgerunterkunft ist.
In der Kirche findet gerade ein Chorkonzert statt, welches ich mit Oddvar besuche.
Um 20:00 Uhr trottet dann noch der Jüngste unserer Gemeinschaft daher. Matias, der sich um 10:00 Uhr noch einer Führung in der Domkirche in Hamar angeschlossen hatte, hat mich heute mal nicht eingeholt.
Wir verbringen noch einen netten Abend zusammen.
Unterkunft: Pilgerunterkunft bei der Ringsaker Kirche.
Mittwoch, der 2. Juli / Ringsaker – Brøttum 26,75 km
557 m Anstieg, 377 m Abstieg
In der Unterkunft gibt es Kaffee und Kekse zum Frühstück. Heute stehen die ersten ernst zu nehmenden Steigungen an. Meine letzten Wanderungen – vor allem die Via di Francesco – haben mich fit für diese Anstiege gemacht.
Und so erreichen Mathias und ich den Campingplatz in Brøttum ohne größere Probleme. Oddvar hat in Brøttum den Pilgerweg beendet und ist von seiner Tochter abgeholt worden. Er geht den Weg in Abschnitten und wird ihn ein anderes Mal fortsetzen.
Der Ladenbesitzer im Ort, bei dem ich mir ein paar Lebensmittel für den Abend kaufe, lädt mich auf einen Kaffee ein. Das nehme ich gerne an und er erzählt mir, dass er sich sehr freut, dass der Weg an seinem Laden vorbeiführt und so lädt jeden Pilger und jede Pilgerin, die bei ihm einkaufen, auf einen Kaffee ein.
Unterkunft: Campingplatz Brøttum
Donnerstag, der 3. Juli / Brøttum – Pilegrimsbu Øyer
357 m Anstieg, 480 m Abstieg
Gestern am Campingplatz habe ich, um Schatten zu haben, mein Zelt unter ein paar Birken gestellt. Kaum, dass ich im Zelt lag, hörte ich ein Gewitter in der Ferne. Ich konnte schon die Schlagzeilen lesen: Wanderer im Zelt vom Blitz erschlagen. Der Regen und mein mulmiges Gefühl wurden immer stärker. Ein Blick auf die Wetterapp zeigte, dass die Blitze nördlich vorbeiziehen sollten. Na gut, das riskierte ich. Schlussendlich hörte das Gewitter schnell auf. Es regnete aber die ganze Nacht. Ein guter Test für mein neues Zelt – den es bestanden hat.
Am Morgen packe ich im Nieselregen zusammen und kaufe mir im Supermarkt ein Frühstück, und bekomme wieder einen Kaffee geschenkt.
Danach wird das Wetter immer besser, und ich erreiche bei strahlendem Sonnenschein Lillehammer. Hier kaufe ich Medikamente, da meine Pollenallergie mir zu schaffen macht und schlendere noch ein wenig durch die Stadt.
Danach geht es weiter, denn anstatt im teuren Lillehammer zu nächtigen, möchte ich noch ein gutes Stück weiter zu einem Unterstand. Dieser ist sehr moderner ausgestattet, mit Trinkwasser, Strom und Verbrennungstoiletten. Man macht sein Geschäft in so was wie einen überdimensionierten Kaffeefilter, und dieser wird dann samt Inhalt verbrannt.
Spät am Abend kommt Ani hier an. Sie ist eine Fahrradreisende, die schon seit drei Jahren mit ihrem Fahrrad um die Welt reist. Routiniert stellt sie in wenigen Minuten ihr Zelt auf.
Freitag, der 4. Juli / Pilegrimsbu Øyer – Stalsbjørsvea Cabin 21,40 km
849 m Anstieg, 550 m Abstieg
Ich rede noch kurz mit Ani und wir tauschen unsere Insta-Kontakte.
Der Weg geht viel an Pfaden über Wiesen und in Wäldern. Es ist auch relativ steil und so brauchen wir lange.
Das heutige Ziel ist die bisher günstigste Unterkunft. Eine kleine Kabine mit zwei Betten, einem Plumpsklo 100 Meter bergauf und einem Wasseranschluss, der nicht direkt bei der Kabine ist. Diese teile ich mir mit Matias und nach dem anstrengenden Tag stärken wir uns mit Kartoffelbrei und Makrele.
Unterkunft: Stalsbjørsvea Cabin