Romea Strata 2024/Teil 21 von Gambassi Terme bis Bolsena
- erwandert
- 23. Nov. 2024
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 14. Juni

Dienstag, 26. November / Gambassi Terme – San Gimignano 16,83 km
496 m Anstieg, 434 m Abstieg
Ich schlief in der Nacht sehr unruhig. Morgens dann, als es Zeit zum Aufstehen war, hätte ich natürlich gut schlafen können.
Ich hatte heute keine Eile, da ich nur 15 Kilometer vor mir hatte und ich bei der nächsten Übernachtung erst um 15:30 Uhr einchecken konnte.
Wieder ging es durch wunderschöne Landschaften. Ein Auto hielt neben mir, und der Fahrer begann, über die Toskana zu schwärmen. Dass er allein an meinem Buon Giorno erkannte, dass ich kein „waschechter Italiener“ war, musste er mir natürlich auch unter die Nase reiben.
Er fragte mich, ob mir Dante, Petrarca und Boccaccio ein Begriff seien. Ich konnte mit meinem Wissen, dass Boccaccio den Decamerone geschrieben hat, punkten. Gut, dass wir nicht weiter in die Tiefe gingen, denn viel mehr wusste ich nicht über das Werk.
Am Nachmittag kam ich in San Gimignano an und war überrascht, wie viele Touristen Ende November noch hier waren. Die Altstadt ist aber auch sehr schön und außerhalb der Hochsaison angenehmer zu erkunden.
Ich bezahlte unverschämte zehn Euro für eine belegte Schiacciata – die toskanische Variante der Focaccia – und hoffte, am Abend eine Küche zur Verfügung zu haben. Die Restaurants sahen alle wie Touristenfallen aus.
Ich schlief in einem Benediktinerinnenkloster. Die Gästeschwester war sehr nett und plauderte mit mir über Tennis – wie sehr sie sich über den italienischen Gewinn des Davis Cups freute, obwohl sie die Spiele nicht schauen durften. Aber sie hatten ein Smartphone im Kloster und so konnte sie dem Match im Live-Ticker folgen. Sie bot mir zum Abendessen Pizzaschnitten an, da sie die unverkauften Schnitten von einem Laden gespendet bekamen.
Am Abend ging ich noch fast eine halbe Stunde bis zum Coop, kaufte ein, scannte alles selbst und kam dann darauf, dass ich die Geldbörse im Kloster vergessen hatte. Also musste ich alles wieder in die Regale zurückräumen. Zurück im Kloster kaufte ich von den Schwestern ein paar selbstgemachte Cantuccini, und gut war’s.
Unterkunft: Monastero di San Girolamo
Mittwoch, 27. November / San Gimignano – Monteriggioni 33,49 km
762 m Anstieg, 795 m Abstieg
Im Kloster gab es ein kleines Frühstück. Um sieben Uhr war ich wieder unterwegs. Zuerst noch bei schönem Wetter, später dann bei Regen.
Der Weg teilt sich irgendwann in zwei Varianten: Eine ist etwas kürzer, führt durch eine Stadt und später einer Klamm entlang. Die andere ist vier Kilometer länger und verläuft durch den Wald. Da man die Klamm bei Schlechtwetter über die Staatsstraße umgehen muss, entschied ich mich für die längere Strecke durch den Wald.
Zum Glück hielt mein in Pistoia erworbener Poncho den Rucksack trocken, und ich fand auch eine Stelle, an der eine Jausenstation eingerichtet war. Das machte das schlechte Wetter erträglicher.
Schließlich kam ich in Monteriggioni an, einer kleinen mittelalterlichen Stadt mit intakter Stadtmauer und 14 Wachtürmen.
Hier schlief ich in einer schönen Pilgerherberge und bediente mich an den zur Verfügung gestellten Lebensmitteln.
Unterkunft: Casa Santa Maria Assunta
Donnerstag, 28. November / Monteriggioni – Siena 21,60 km
472 m Anstieg, 396 m Abstieg
Heute lag eine einfache, 21 Kilometer lange Etappe bis nach Siena vor mir.
Birgit würde am nächsten Tag mit dem Zug in Siena ankommen. Danach würden wir einen zusätzlichen Ruhe- und Besichtigungstag in der Stadt einlegen, bevor es am 1. Dezember weiterging.
Um 14 Uhr erreichte ich Siena, kaufte mir eine Pizza in einer Bäckerei und checkte schon um 14:30 Uhr in der angemieteten Wohnung ein. Die Wohnung liegt zentral, nur ein paar Hundert Meter von der Kathedrale entfernt, und war perfekt für einen Ruhetag und eine Stadterkundung.
Unterkunft: Casa Sophia
Freitag, 29. November / Ruhetag in Siena
Vormittags holte ich Birgit vom Bahnhof ab. Wir besichtigten die Stadt und aßen am Abend ein Gericht mit typisch toskanischen Nudeln „Pici“. Das sind ganz einfache, handgerollte Spaghetti, die nur aus Mehl und Wasser bestehen. Sie stammen ursprünglich aus der Cucina Povera, gelten aber mittlerweile auch als regionale Spezialität.
Samstag, 30. November/ Ruhetag in Siena
Wir machten heute eine große Runde durch die Stadt, zur Basilica Cateriniana und weiter zur Fortezza Medicea. Eigentlich hätte es den zusätzlichen Tag in Siena gar nicht mehr gebraucht, denn wir freuten uns schon sehr darauf, morgen weiterzugehen.
Sonntag, 1. Dezember / Siena – Ponte d'Arbia 28,56 km
Wir genossen unseren ersten gemeinsamen Wandertag seit Polen und ließen uns Zeit. Ganz gemütlich kamen wir schon um 15:30 Uhr an, obwohl wir eine Mittagspause gemacht und auch in einer Bar auf einen Kaffee waren.
Die Donativo-Herberge in Ponte d’Arbia hat im Winter leider geschlossen. Die Wohnung, die wir mieteten, ist schön, aber wie so oft in Italien auch völlig ausgekühlt. In Italien ist es auch üblich, dass Wohnungen nur morgens und abends für eine kurze Zeit geheizt werden. Das reicht leider nicht, die Mauern aufzuwärmen, besonders wenn die Heizung vorher wochenlang ausgeschaltet war.
Unterkunft: Casa Martelli
Montag, 2. Dezember / Ponte d'Arbia – San Quirico d'Orcia 30,02 km
748 m Anstieg, 467 m Abstieg
Frierend tranken wir unseren Kaffee und starteten um 7:30 Uhr.
Der Tag war wieder wolkenlos und kalt. Nach fünf Kilometern erreichten wir die Stadt Buonconvento und gönnten uns einen Kaffee und eine Kleinigkeit zum Essen. Es galt heute, einige Höhenmeter zu bewältigen, und als wir Torrenieri, sechs Kilometer vor dem Ziel, erreichten, waren wir eigentlich schon geschafft. Noch eine letzte Anstrengung, und wir schafften es nach San Quirico. In dem ansonsten sehr teuren Ort betreibt die Gemeinde eine sehr günstige Pilgerherberge.
Bei einem kurzen Gespräch mit unserer Gastgeberin erfuhr ich, dass es für 2025 schon viele Reservierungen gab. Sie befürchtete, dass es durch das erhöhte Pilgeraufkommen im Heiligen Jahr 2025 sehr chaotisch werden könnte.
Unterkunft: Palazzo del Pellegrino
Dienstag, 3. Dezember / San Quirico d'Orcia – Gallina 20,75 km
513 m Anstieg, 582 m Abstieg
Die Etappe sollte kurz und relativ einfach sein. Sie war dann aber doch anstrengender als gedacht, mit einigen steilen An- und Abstiegen.
Da wir wussten, dass es am Ziel nicht viel Infrastruktur gab, kauften wir schon im Supermarkt in San Quirico ein. Auf gut Glück kauften wir auch Pasta, in der Hoffnung, am Abend eine Küche zur Verfügung zu haben.
Um 15 Uhr erreichten wir unsere Unterkunft, und es gab eine sehr gut ausgestattete Küche. Unsere Vermieterin hatte auch einen Minishop mit Lebensmitteln für ihre Gäste.
So ruhten wir uns aus, machten uns Pasta und gingen bald schlafen. So schön die Ferienwohnung auch war, sie war wieder sehr kalt.
Unterkunft: Zimmer Albafiora
Mittwoch, 4. Dezember / Gallina – Radicofani 17,65 km
586 m Anstieg, 122 m Abstieg
Nachdem mir ein Kaffee inklusive Geburtstagsständchen serviert wurde, starteten wir die kurze Etappe nach Radicofani. Wir wollten das Ziel so früh wie möglich erreichen, da es am Nachmittag regnen sollte. Tatsächlich waren wir schon um 12:30 Uhr dort.
Die letzten zwei Kilometer gingen wir auf der Straße anstatt durch die Feldwege, da ich aktuelle Berichte über Maremmanos gelesen hatte, die den Pilgern hier einen Schrecken einjagen. Der Maremmano Abruzzese ist ein wunderschöner weißer Hirtenhund. Er wächst mit den Schafen auf und verteidigt sie sowie ihr Revier gegen alles und jeden. Um Begegnungen mit ihnen zu vermeiden, nehmen wir gerne alternative Wege in Kauf.
Wir aßen Pici in einem Restaurant neben der Herberge und bezogen diese um 14 Uhr.
Unterkunft: Pilgerherberge San Giacomo e Pietro
Donnerstag, 5. Dezember / Radicofani – Aquapendente 24,47 km
357 m Anstieg, 763 m Abstieg
Die Herberge war eiskalt. Wir hatten es in unseren Schlafsäcken zum Glück trotzdem warm und haben gut geschlafen. Zum Frühstücken gingen wir in eine sehr nette Bar.
In der ersten Hälfte der Etappe ging es langsam aber stetig an einem Hügelrücken bergab. Das Herbstlicht und die Landschaft boten ein wunderbares Sehvergnügen.
Im Talboden angekommen, fanden wir einen Pausenplatz und aßen dort.
Danach gab es zwei Optionen: Eine entlang der Staatsstraße mit drei Stunden Gehzeit und eine entlang einer Hügelkette mit fünf Stunden Gehzeit. Wir entschieden uns für die kürzere Variante. Wie erwartet war die Strecke nicht sehr schön, führte uns aber zügig nach Acquapendente.
Dort checkten wir ein, duschten uns und machten eine kleine Erkundungstour samt Lebensmitteleinkauf.
Am Abend gab es Pizza. Die erste nach römischer Art, die im Vergleich zur neapolitanischen viel flacher, knuspriger und mit kaum Rand zubereitet wird.
Unterkunft: Pizzeria Il Borgo
Freitag, 6. Dezember / Aquapendente – Bolsena 25,54 km
435 m Anstieg, 423 m Abstieg
Obwohl wir endlich mal ein warmes Zimmer hatten, schlief ich schlecht.
Da es im Hotel kein Frühstück gab, entschieden wir uns zuerst, in die Bar Roma am Hauptplatz zu gehen und packten unsere Rucksäcke erst im Anschluss. Wir zahlten für vier Kaffee und vier Brioches 9,50 Euro. Es ist erstaunlich, wie die Preisgestaltung für diese Produkte in Italien inklusiv und sozial ist. Damit meine ich, dass sich der Großteil der Bevölkerung einen schnellen Kaffee in der Bar leisten kann, um ein wenig zu tratschen. Man sieht auch deutlich mehr Pensionisten in den Bars ein- und ausgehen als in Wien. Dort gibt es diese Art der Barkultur, die in Italien eine wichtige soziale Funktion erfüllt, nicht.
Am Nachmittag lief uns dann eine streunende Katze zu. Sie versuchte uns auszubremsen, indem sie immer vor unsere Beine lief. So folgte sie uns miauend mehrere Kilometer. Unsere Strategie, sie zu ignorieren, hatte überhaupt nicht funktioniert. Irgendwann bemerkten wir, dass sie richtig ausgehungert war.
Wahrscheinlich staubt Franzi – wie wir sie mittlerweile nannten – in der wärmeren Jahreszeit, wenn mehr Pilger unterwegs sind, ziemlich viel Essen ab. Aber jetzt kommen einfach sehr wenige vorbei. Wir haben nichts katzentaugliches dabei und füttern sie schließlich mit etwas aufgeweichtem Brot, das sie gierig verschlang. Danach gingen wir getrennte Wege.
In Bolsena, am Lago di Bolsena gelegen, hatten wir ein Zimmer in der Altstadt
Unterkunft: Pension Italia