Romea Strata/Teil 20 von Nonantola bis Gambassi Terme
- kerberbirgit
- 24. Nov. 2024
- 7 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 14. Juni

Freitag, 15. November / Nonantola – Spilamberto 26,27 km
100 m Anstieg, 50 m Abstieg
Ich machte mir um sechs Uhr mein Frühstück in der Küche meiner Ferienwohnung und war um sieben Uhr schon unterwegs. Es lag Nebel und Frühreif auf den Feldern.
Die Straße bis zum Deich des Panaro wird von den Einheimischen genutzt, um eine verstopfte Hauptverkehrsstraße nach Modena zu umfahren. Es war also etwas mühsam, und ich musste sehr aufpassen, um nicht in Gefahr zu laufen, angefahren zu werden. Weiter ging es dann gemütlich am Deichweg nach Spilamberto.
Dort wurde ich von Angela empfangen. Ich war schon seit Monaten über eine Romea Strata Gruppe auf Facebook mit ihr in Kontakt. In Spilamberto gibt es eine Herberge, die von der Confraternita San Bartolomeo Apostolo geführt wird. Man merkte, dass sie und ihr Mann Giordano selbst schon am Camino waren. Man erkennt dies daran, dass diese Gastgeber immer genau wissen, was man nach einem langen Wandertag braucht. Sie half mir auch, Unterkünfte für die nächsten Tage zu finden.
Am Abend gab es in der Herberge ein gemeinsames Abendessen, das von den Mitgliedern der Confraternita zubereitet wurde. Ich war sehr berührt von der Herzlichkeit, mit der ich hier aufgenommen wurde.
Unterkunft: Ostello della Fraternità San Bartolomeo
Samstag, 16. November / Spilamberto – Samone 32,34 km
930 m Anstieg, 370 m Abstieg
Nach 20 flachen Kilometern erreichte ich endlich wieder Berge! Ich hatte die Apenninen erreicht. Es wurde sehr steil, technisch zum Teil gar nicht so leicht, aber wunderschön. In Samone durfte ich in einer geschlossenen Schule schlafen, die sonst nur für Wandergruppen und Pfadfinder zur Verfügung steht.
Unterkunft: Ehemalige Grundschule Samone
Sonntag, 17. November / Samone – Maserno 24,51 km
1068 m Anstieg, 855 m Abstieg
Ich schlief ausgezeichnet, was mich sehr wunderte, da es in der für mich provisorisch hergerichteten Unterkunft nur ein kleines Klappbett gab. Trotzdem schlief ich fast elf Stunden lang. Das zeigte mir, dass ich eigentlich so langsam wieder reif für einen Pausentag war. Trotzdem war es mein Plan, es noch bis Pistoia zu schaffen, da das Wetter schlechter und schlechter werden sollte.
Das mit den Unterkünften funktionierte gut, da mir die Kontakte von Angela sehr weiterhalfen.
Die Wege im Apennin empfand ich als fordernd, aber die Ortschaften sind ein Traum. Sie schmiegen sich natürlich und organisch an die Bergflanken, Grate und Gipfel.
Die Wege sind teils etruskischen und römischen Ursprungs.
Am Abend bekam ich anstatt eines Zimmers eine ganze Wohnung. Im dazugehörigen Restaurant gab es Pizza und Zampanella (eine Art knuspriges Crêpe, das es süß oder pikant gibt).
Unterkunft: Locanda del Sole
Montag, 18. November / Maserno – Fanano 23,23 km
878 m Anstieg, 1031 m Abstieg
Nachdem ich mir einen Kaffee und Porridge zubereitet und gegessen hatte, machte ich mich auf den Weg. Weiter ging es durch den Apennin, durch kleine, fast verlassene Dörfer und über Römerwege. Die letzten drei Tage hatte ich jeden Tag so um die 1000 Höhenmeter zurückgelegt, und das spürte ich so langsam.
Ich kam heute in einem Frauenkloster unter und bekam auch ein gutes Abendessen. Die Nonnen leben in Klausur und dürfen keinen Kontakt mit den BesucherInnen haben. Das Abendessen wurde durch ein Verbindungsfenster, kontaklos in den Speisesaal gereicht. Ich aß zusammen mit einem jungen Priester aus Nonantola, der hier einen freien Tag wandernd in den Bergen verbracht hatte. Er war heute auch bei der Croce Arcana. Dies ist der höchste Punkt meiner Apenninüberquerung und steht morgen am Programm.
Unterkunft: Monastero Santa Chiara
Dienstag, 19. November / Fanano – Cutigliano 26,87 km
1387 m Anstieg, 1319 m Abstieg
Ich stand schon um 5:30 Uhr auf und ging noch im Dunkeln los. Grund dafür war, dass die heutige Etappe sehr viele Höhenmeter beinhalten würde. Eigentlich könnte man kurz vor der Croce Arcana übernachten, aber im Winter ist diese Übernachtungsmöglichkeit im Capanno Tassoni geschlossen.
Es ging auf glitschigen und mit Laub bedeckten Pfaden am Torrente Ospitale entlang. In Ospitale machte ich Rast und kam mit einem Bewohner ins Gespräch. Ich wurde zu einem Teller Nudeln eingeladen, musste aber leider ablehnen. Die Etappe war dafür einfach zu lang, und es würde schon vor 17 Uhr dunkel werden.
Vorbei am Capanno Tassoni ging es zur Croce Arcana – hier erreicht man die Toskana. Es war windig und sehr kalt. So kalt, dass sich mein Handy schockentlud und sich nicht mehr einschalten ließ. Ich war ziemlich beunruhigt, da ich meinen GPS-Track nur am Handy hatte. Es war sehr neblig und der Weg war bisher nur rudimentär markiert.
Kurz danach lief ich den Betreibern eines Albergo in Doganaccia über den Weg, die gerade Arbeiten im Skigebiet erledigten. Sie luden mich auf einen Kaffee ein, und sobald es wärmer war, ließ sich das Handy wieder laden.
Sie boten mir sogar an, mich nach Cutigliano zu fahren, da es zu Fuß noch ein langer Weg war. Ich lehnte mal wieder ab, freute mich aber sehr über die Hilfsbereitschaft.
Weiter ging es auf ausgebauten Forststraßen, sodass ich das erste Mal seit Tagen Tempo machen konnte. Ich konnte beim Priester von Cutigliano in seinem Gästezimmer übernachten. Im Dorf kaufte ich mir noch ein paar Lebensmittel und kochte mir Tortellini.
Wie ich später erfuhr, riefen die Betreiber des Albergo, wo ich mein Handy auflud und mich aufwärmen konnte, in der Pfarrei an und erkundigten sich, ob ich gut angekommen war. Ich treffe hier immer wieder auf so viel Hilfsbereitschaft und Fürsorge und kann mich gar nicht genug bedanken.
Unterkunft: Pfarrei Cutigliano
Mittwoch, 20. November / Cutigliano – Pontepetri 25,97 km
597 m Anstieg, 634 m Abstieg
Ich startete bei Regen um kurz nach sieben Uhr. Leider hatte ich nun auch meinen Rucksacküberzug verloren.
Der erste Teil der Etappe verlief anstrengend auf steilen, alten und rutschigen Muliwegen. Doch irgendwann wechselte der Weg auf eine aufgelassene Bahnstrecke, der man fast ununterbrochen bis Pontepetri folgen kann.
Dort kam ich bei Nedo Ferrari unter. Er hat den Wanderführer des italienischen Jakobswegs von Florenz nach Livorno verfasst und betreut über 100 Kilometer der Romea Strata. Es gibt auf diesem Abschnitt die besten Markierungen der gesamten Romea Strata und und jede Menge Informationstafeln.
Am Abend war ich zu einem Treffen der Confraternita di San Jacopo in der Pilgerherberge in Pistoia eingeladen. Nedo und ich fuhren am Abend nach Pistoia. Nach einer Stadtführung von Nedo gingen wir zum Vereinstreffen. Danach gab es noch ein gemeinsames Abendessen in der Pilgerherberge.
Morgen würde ich von Cutigliano nach Pistoia, zur eben genannten Pilgerherberge, gehen und zwei Tage in Pistoia verbringen.
Unterkunft: Bei Nedo Ferrari
Donnerstag, 21. November / Pontepetri – Pistoia 22,78 km
306 m Anstieg, 872 m Abstieg
Ich machte mir ein kleines Frühstück und zischte dann ab. Es sollte am Nachmittag regnen, also wollte ich es ohne Pause durchziehen. Der Weg war etwas schwerer als gedacht. In einem Waldstück mit viel Baumbruch verlief ich mich trotz guter Markierung und brauchte eine halbe Stunde, um wieder aus dem Wald herauszufinden.
Dann kam ich zu einer Bergflanke, die Richtung Pistoia führt. Einmal ging ich einen nicht mehr aktuellen Weg durch einen Olivenhain. Ein Bauer, der mich umherirren sah, zeigte mir den Weg zurück.
Nun zogen Wolken auf, und ich ging vom Weg ab hinunter ins Tal auf die Straße, um schneller anzukommen. In Pistoia angekommen, machte ich nur noch eine kleine Pause bei einem Supermarkt und ging dann zur Herberge.
Keine Sekunde zu früh, bevor es in Strömen zu regnen begann.
Nachdem ich gestern schon den Schlüssel bekommen hatte, checkte ich selbst ein und machte mich frisch. Am Abend kam Paolo von der Bruderschaft vorbei und vollzog eine zeremonielle Fußwaschung.
Ich konnte hier, nach über einem Monat, meine Wäsche mal wieder in einer Waschmaschine waschen und holte mir danach noch viel zu viele Pizzaschnitten.
Unterkunft: Herberge der Bruderschaft
Freitag, 22. November / Pistoia Ruhetag
Ich kaufte mir einen Poncho als Ersatz für die verlorene Rucksackhülle, suchte einen Friseur auf und besichtigte Pistoia.
Unterkunft: Herberge der Bruderschaft
Samstag, 23. November / Pistoia – San Baronto 24,53 km
740 m Anstieg, 610 m Abstieg
Nach einem kleinen Frühstück in der Herberge verließ ich Pistoia.
Bei der Wegführung aus der Stadt wurden geschickt stark befahrene Straßen vermieden. Irgendwann ging es vom Flachen in hügelige Waldlandschaft über.
Ich traf eine Wandergruppe, und wir unterhielten uns kurz über die Romea Strata. Einer der Wanderer war ein in Tschechien lebender Italiener, der sich sehr für diesen Pilgerweg interessierte.
Meine Unterkunft war ein Agriturismo, zwei Kilometer abseits vom Weg.
Unterkunft: La dispensa
Sonntag, 24. November / San Baronto – Fucecchio 23,74 km
267 m Anstieg, 474 m Abstieg
Da ich gestern zwei Kilometer bergabwärts von San Baronto geschlafen hatte, machte es wenig Sinn, die Kilometer noch einmal zurückzugehen, und ich suchte mir auf der Karte eine alternative Route zurück zur Romea Strata.
In Lamporecchio fand ich einen offenen Coop für meine Einkäufe. Gut eingedeckt mit allem, was ich für den Tag brauchte, ging es weiter.
Kurz nach Vinci (dem Geburtsort von Leonardo da Vinci) kreuzte ich wieder die Romea Strata. Dieser konnte ich dann in typisch toskanischer Hügellandschaft bis Cerreto Guidi und weiter bis zu meinem Etappenziel Fucecchio folgen.
Hier mündet die Romea Strata in den bekanntesten Pilgerweg nach Rom: die Via Francigena. Sie startet in Canterbury und führt über Frankreich und die Schweiz nach Italien.
Ich freute mich auf das heutige Davis-Cup-Finale mit italienischer Beteiligung.
Unterkunft: Affittacamere Il Poggio
Montag, 25. November / Fucecchio – Gambassi Terme 35 km
774 m Anstieg, 500 m Abstieg
Ich startete schon um 6:30 Uhr, da ich heute einen sehr langen Tag vor mir hatte. Aber – gut gelaunt, da Italien das zweite Jahr in Folge den Davis Cup gewonnen hat.
Bald überquerte ich den Arno, einen weiteren der vielen wichtigen Flüsse auf meinem Weg.
Schnell erreichte ich San Miniato. In der Unterstadt gibt es einen Coop, in dem ich mir ein Abendessen kaufte, da meine Herberge einen Kilometer vor Gambassi Terme liegt und ich aus Erfahrung weiß, dass ich ungern am Abend noch einmal zwei Kilometer extra gehen möchte.
Die Oberstadt liegt auf einer Anhöhe mit einem schönen Ausblick in alle Richtungen. Danach ging es weiter durch eine kitschig schöne Postkartenidylle.
Ich übernachte in einem sehr alten Ostello.
Unterkunft: Ostello Sigerico