Romea Strata 2024/Teil 5 von Pamažupiai bis Kaunas
- erwandert

- 9. Dez. 2024
- 8 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 13. Juni

Donnerstag, 13. Juni 2024 Pamažupiai – kleines Waldstück nach Linkuva 27,26 km
115 m Anstieg, 111 m Abstieg
Ich trödelte am Morgen recht lange herum. Der Plan war, nur 10 Kilometer bis zu einem Gehöft, das eine Unterkunft für Pilger anbietet, zu gehen. Ich kaufte mir im Ort noch Kaffee und etwas zu essen, zog Geld am Automaten und saß eine Zeit lang am Dorfplatz, um das beschauliche Treiben zu beobachten.
Gemütlich machte ich mich auf den Weg, doch als ich am Gehöft ankam, fand ich außer einem bellenden Schäferhund niemanden vor und konnte auch telefonisch niemanden erreichen.
Trotzdem blieb ich guter Dinge. Ich entschied mich einfach zehn Kilometer weiter nach Linkuva zu gehen. Ich kaufte dort Essen und genügend Wasser ein, um die Nacht und den nächsten Tag zu überbrücken, und studierte Google Maps, um einen geeigneten Platz für mein Zelt zu finden.
Ein paar Kilometer hinter dem Dorf entdeckte ich ein kleines Wäldchen. Doch der Zugang dorthin wurde von einem riesigen Schweinemastbetrieb versperrt, und der Gestank war unerträglich.
Schließlich fand ich einen verwachsenen Weg, der zum Geburtshaus des berühmten litauischen Musikers Juozas Pakalnis führte. Dort standen ein paar alte, verlassene Gebäude und Bäume. Das Gras vor den Häusern reichte mir bis zu den Schultern, aber hinter den Gebäuden, in einem kleinen Wäldchen, war das Gras niedriger. Ich schätzte die Wahrscheinlichkeit, dass dort jemand vorbeikommen würde, als äußerst gering ein und richtete mich häuslich in meinem Zelt ein.
Unterkunft: Zelt
Freitag, 14. Juni / Linkuva – Pakruojis 22,52 km
79 m Anstieg, 66 m Abstieg
Als ich morgens im Zelt aufwachte, regnete es. Da die heutige Etappe nicht allzu lang sein würde, ließ ich mir Zeit. Als der Regen nachließ, packte ich schnell zusammen und machte mich auf den Weg.
Doch schon nach kurzer Zeit merkte ich, dass irgendetwas überhaupt nicht in Ordnung war. Ich war müde, fühlte mich schwach, und mir war schwindlig. Nach ein paar Kilometern setzte ich mich hin und aß zwei Müsliriegel. Beim Aufstehen wurde mir schwarz vor Augen. Das Essen half ein wenig, aber ich kam nur sehr schleppend voran.
Wieder ein paar Kilometer weiter trank ich löslichen Kaffee, den ich in kaltem Wasser auflöste. Das verschaffte mir kurzfristig etwas Energie, doch schon bald kehrten die Beschwerden zurück. Erst nach 17 Kilometern fand ich langsam wieder in meinen Rhythmus.
Am Abend fühlte ich mich schließlich besser. Trotzdem entschied ich mich, das Zimmer, das ich gebucht hatte, gleich für zwei Nächte zu nehmen, um mich ausreichend zu erholen.
Unterkunft: Wohnung
Samstag, 15. Juni / Pausentag Pakruojis
Mir ging es wieder gut, so als hätte es Gestern nie gegeben. Ich nahm mir Zeit für eine Stadtbesichtigung und plante die nächsten Tage meiner Wanderung auf der Romea Strata.
Unterkunft: Wohnung
Sonntag, 16. Juni / Pakruojis – Rozalimas 13,72 km
125 m Anstieg, 122 m Abstieg
Um zu beobachten, wie ich mich körperlich fühlte, ging ich heute nur eine kurze Etappe. Zum Glück war ich nicht mehr so geschwächt wie vor zwei Tagen – es schien wieder alles in bester Ordnung zu sein.
Unterwegs begegnete ich der ersten Pilgerin seit dem Start meiner Reise: Indre, eine in England lebende Litauerin. Sie war auf dem Camino Lituano bis Kaunas unterwegs. Wir sprachen kurz miteinander und stellten fest, dass wir für die nächsten drei Tage die gleichen Unterkünfte reserviert hatten. Das war nicht allzu überraschend, da die Vorschläge auf der Homepage des Camino Lituano pro Ort meist nur ein bis zwei Unterkünfte auflisten.
Die letzten Kilometer bis zur heutigen Unterkunft gingen wir gemeinsam. Es handelte sich um eine Herberge mit drei Zimmern und etwa zehn Betten.
Am Abend verglichen wir unsere Pläne und beschlossen, bis Kaunas in denselben Herbergen zu übernachten. Wir vereinbarten, morgens unterschiedlich spät zu starten, uns aber abends bei den Unterkünften oder kurz davor zu treffen.
Nach dem Einchecken machten wir noch einen kleinen Rundgang durch die Stadt, aßen gemeinsam und bekamen eine kurze Führung durch die Kirche. Praktischerweise hatte ich nun für die nächste Zeit sogar eine Übersetzerin an meiner Seite!
Unterkunft: V ir K Kazlauskai
Montag, 17. Juni / Rozalimas – Valdeikiai 29,59 km
143 m Anstieg, 130 m Abstieg
Wie am Vortag vereinbart, startete ich alleine. Ich fühlte mich wieder vollkommen fit – keine Schmerzen in den Fußsohlen und auch das Knie machte keine Probleme mehr. Ohne Pause ging ich 20 Kilometer durch. Unterwegs begegnete ich einer Gruppe litauischer Radfahrer, die den Camino Lituano mit dem Rad absolvierten.
In einem Supermarkt kaufte ich mir ein Eis und setzte mich davor hin, um es zu genießen. Kurz darauf betrat ein Mann das Geschäft, um sich ein paar Bier zu holen. Er kam mit meinem Smartphone zurück und fragte, ob es meines wäre. Alle meine Planungen, Karten und GPS-Tracks waren darauf gespeichert. Ich war unglaublich dankbar, es so schnell zurückzubekommen, vor allem, da ich den Verlust noch nicht einmal bemerkt hatte.
Etwas später machte ich es mir bei einer Windmühle gemütlich und wartete dort auf Indre. Gemeinsam legten wir die letzten Kilometer zur Unterkunft zurück.
Die Unterkunft war etwas ganz Besonderes. Ein Paar hatte ihr Wochenendhaus und die darauf stehende Scheune in eine Herberge umgebaut. Es gab zwar keine Dusche, dafür aber einen wunderschönen Badeteich. Indre hatte bereits im Voraus organisiert, dass die Gastgeber den Grill anwarfen, und sie kaufte für uns zum Abendessen Würstchen ein. Es wurde ein gemütlicher Abend.
Zum Dessert bekamen wir Hüttenkäse mit Honig und Gurken von unseren Gastgebern geschenkt – wie mir erklärt wurde, ein traditionelles Essen. Als Getränk probierte ich Gira, ein litauisches Getränk aus vergorenem Brot.
Unterkunft: Molinė saulėgrąža
Dienstag, 18. Juni / Valdeikiai – Vadaktai 22,57 km
72 m Anstieg, 82 m Abstieg
Am Morgen bekam ich noch einmal Frischkäse geschenkt. Die Gastfreundschaft der Herbergsbesitzer war wirklich außergewöhnlich. Besonders beeindruckend war die Geschichte, wie die Herberge entstanden war: Vor Jahren, als das Haus noch keine Unterkunft war, stand ein Pilger vor der Tür und bat um eine Übernachtungsmöglichkeit und bekam sie. Der Besitzer litt damals unter starken Hüftschmerzen, und wie es der Zufall so wollte, stellte sich heraus, dass der Pilger Arzt war. Er diagnostizierte das Problem und half dem Hausherrn, die richtige Therapie zu finden. Aus Dankbarkeit und inspiriert von der Begegnung beschloss das Paar, ihr Wochenendhaus und die Scheune auszubauen und daraus eine Pilgerherberge zu machen. Sie sind davon überzeugt, dass wenn sie Menschen auf der Durchreise helfen, auch ihnen in der Not geholfen wird.
In Vadaktai angekommen, setzte ich mich vor das Gemeindehaus. Ohne dass ich etwas sagte, schien sich eine Art "Dorffunk" in Gang zu setzen. Eine Frau kam einfach auf mich zu und zeigte mir die Pilgerherberge auf der anderen Straßenseite.
Indre kam etwas später an und kochte Würstchen mit Nudeln. Doch dann gab sie noch Ketchup auf ihre Pasta – mein italienisches Herz blutete!
Am Abend machte ich noch einen kurzen Spaziergang. Plötzlich schlug mein Smartphone Alarm. Diese Art von Katastrophenschutz kannte ich bisher nicht. Es wurde für den nächsten Tag ein schweres Gewitter angekündigt, und die Warnung riet dazu, das Haus nicht zu verlassen. Am Nachmittag sollte das Wetter jedoch wieder besser werden.
Unterkunft: Gemeindeherberge
Mittwoch, 19. Juni / Vadaktai – Paberže 21,43 km
77 m Anstieg, 85 m Abstieg
Das angekündigte Gewitter zog schließlich ein paar Kilometer westlich an uns vorbei, sodass wir davon verschont blieben. Aufgrund der unsicheren Wetterlage beschlossen Indre und ich, die Etappe gemeinsam zu gehen. Wir starteten um 10:30 Uhr, da der stärkste Regen für neun Uhr vorausgesagt worden war.
Zur Sicherheit beeilten wir uns und gingen die Strecke mit nur einer kurzen Pause auf halber Strecke zügig durch. In diesem Gelände ist man selbst oft der höchste Punkt, was bei einem Gewitter unbedingt zu vermeiden ist.
Unser Ziel, das Dorf Paberžė, besteht fast ausschließlich aus einer hübschen Holzkirche, einigen wenigen Häusern und einem kleinen Museum. Wir schliefen im Pfarrhaus, das mehrere Zimmer anbietet, und hatten das Glück, am Abend noch eine private Führung durch das Museum zu bekommen.
Unterkunft: Pfarrhaus
Donnerstag, 20. Juni / Paberžė – Kėdainiai 33,24 km
166 m Anstieg, 184 m Abstieg
Das Wetter war traumhaft schön, und Indre und ich starteten zeitversetzt. Beim zweiten Supermarkt holte sie mich ein, und wir legten die letzten acht Kilometer gemeinsam zurück.
Unsere Unterkunft war ein Studentenheim, das etwa drei Kilometer vom Stadtzentrum entfernt lag.
Nachdem wir unsere Zimmer bezogen hatten, nahmen wir ein Bolt-Taxi ins Zentrum, um dort zu Abend zu essen. Es gab eine traditionelle Speise der Region, so eine Art gefüllte Kartoffel Pancakes mit Fleisch und Sauerrahm. Anschließend drehten wir auch noch eine kleine Stadtrunde. Mit 23.000 Einwohnern war dieser Ort der größte, den ich seit längerer Zeit besucht hatte.
Unterkunft: Kedainiai Professional Training Center
Freitag, 21. Juni / Kėdainiai – Panevėžiukas 33,48 km
136 m Anstieg, 130 m Abstieg
Nach dreizehn Kilometern entdeckte ich am Fluss einen kreativ gestalteten Rastplatz. Dort gab es Bürosessel, ein Ergometer, selbstgebaute Sitzgelegenheiten und sogar einen kleinen aufgeschütteten Strand. Ich nutzte die Gelegenheit, um dort meine Mittagspause zu machen.
Als ich weiterging, entdeckte ich nur wenige hundert Meter vom Rastplatz entfernt das dazugehörende Haus. Eine Frau winkte mich in ihren Garten, und so lernte ich Dalia kennen. Sie war ein großer Italien-Fan und hatte sich mit dem Buch "Italienisch in 30 Tagen" und dem italienischen Sender Rai 1 selbst italienisch beigebracht. Sie erzählte, dass sie oft in Italien Urlaub macht. Sie bot mir einen Kaffee an – allerdings nicht nach italienischer, sondern baltischer Art: zwei Löffel Kaffee in eine Tasse, kochendes Wasser darüber, gut umrühren und warten, bis sich der Sud absetzt. Ehrlich gesagt schmeckt der Kaffee ausgezeichnet. Voller Stolz zeigte sie mir auch ihren wunderschönen Garten und schenkte mir ein paar Gurken. Gurken sind sowieso DAS Gemüse Lettlands. Später erfuhr ich, dass auch Indre, die nach mir gestartet war, von Dalia in den Garten eingeladen wurde.
Irgendwann musste ich mich jedoch weiter, denn die Etappe war lang, und ein kniehoher Fluss musste noch gefurtet werden.
Ein paar Kilometer vor unserem Ziel wartete ich vor einem Supermarkt auf Indre, und gemeinsam gingen wir die letzten Meter bis zur Unterkunft. Die Blockhütte, in der wir übernachteten, ist wunderschön gelegen.
Unterkunft: Blockhütte
Samstag, 22. Juni / Panevėžiukas – Biliūnai 21,20 km
137 m Anstieg, 120 m Abstieg
Heute gab es auf der gesamten Strecke keinen Supermarkt, was die Essensplanung etwas kompliziert machte. Am Abend mussten Indre und ich unsere letzten Essensvorräte zusammentragen, um uns ein einfaches Abendessen zu zaubern. Es wurden eine sehr kleine Portion Nudeln mit Speck.
Gegen 22 Uhr, als ich bereits im Bett lag, erhielt ich plötzlich eine Whatsapp vom Nebenzimmer. Indres Bruder hatte sich spontan entschlossen, uns zu besuchen – und er würde in einer halben Stunde mit einer Pizza vorbeikommen! Grandios!
Unterkunft: Onupis
Sonntag, 23. Jumi / Biliūnai – Kaunas 23,60 km
179 m Anstieg, 207 m Abstieg
Um acht Uhr brach ich auf. Ich war immer noch sehr dankbar für die Pizza vom Vortag, denn ohne sie hätte es bis zum nächsten Supermarkt kurz vor Kaunas ziemlich schwierig werden können. So ging es jedoch satt und voller Energie weiter, und ich erreichte Kaunas ohne Probleme.
Am frühen Nachmittag schrieb mir Indre, dass sie schon in Kaunas angekommen sei, da sie aufgrund einer Schienbeinentzündung die letzten Kilometer mit dem Bus gefahren war. Wir trafen uns im Zentrum und gönnten uns einen Abschiedsburger.
Es tat richtig gut, nach den anstrengenden Etappen, vor allem nach dem schwierigen Tag vor Pakruojis, jemanden zu haben, der mich ein Stück des Weges begleitete. Dass Indre litauisch sprach, machte alles noch angenehmer. Dank ihr konnte ich vieles über Litauen erfahren, was mir sonst verborgen geblieben wäre. In diesem letzten Abschnitt hatte ich mich sowohl körperlich als auch mental gut erholt und hoffte, diese neue Energie mit nach Polen nehmen zu können.
Unterkunft: Cozy Apartments







































































































































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